"Wir denken out of the box" – Lucas-Maximilian Lammel vom Nils am See

Der Platz war einfach ideal für ein Hotel, das musste jemand machen, warum also nicht ich? Mitten im Seepark, direkter Zugang zum Strandbad, zwischen den beiden beliebten Restaurants Zur blauen Gans und dem Fritz, die eine ideale Ergänzung zum hauseigenen Restaurant Ankkuri bieten – perfekter geht's nicht. Es wurde keine Natur oder öffentliche Fläche verbaut. Bis zum Baubeginn stand hier die Pension Seehaus. Anfangs gab es die Überlegungen zu renovieren. Leider war die Substanz so schlecht, dass man sie abreißen lassen musste.

Die Bauarbeiten waren das Harmloseste! 2014 habe ich begonnen, sämtliche Genehmigungen einzuholen. Dabei ging es hauptsächlich um die Landschaftsgestaltung, wie gut sich das Hotel in die Umgebung einfügt. Aber auch um Einflugschneisen von Vögeln oder Lichtkonzepte für Insekten.

Ich finde, wenn man heute neu baut, ist alles andere nicht zeitgemäß. Das sollte ein Müssen sein, kein Wollen. Dafür bräuchte es beherzte Regeln. Ich habe selbst Kinder. Ich könnte nicht in den Spiegel schauen, wenn wir etwa den deutlich günstigeren Gasanschluss gemacht hätten. Es liegt an uns und an den zufriedenen Gästen, dass wir Nachhaltigkeit leben können und dürfen.

Die Nutzung von Erdwärme mit Tiefensonden und einer aktivierten Bodenplatte. Die Bewilligungen für die Bohrungen und die Platte waren der Wahnsinn! Das muss man wirklich wollen. Wir haben nicht eine Sonde – für das grüne Mascherl – wir haben 18. Jede 100 Meter tief. Das sind Fleißaufgaben im Bereich Nachhaltigkeit und echte Pionierarbeit, die keiner fordert, aber das drei- bis vierfache der Investitionen bedeuten.

Ja. So wie die spezielle Technik, die den Außenpool energieeffizient wärmt. Bei uns läuft der deshalb nicht bis spät abends, während ohnehin alle beim Essen sitzen. Abends wird der Wasserstand gesenkt und abgedeckt, um keine Wärme zu verlieren. Die Holzfassade aus heimischer Lärche, das begrünte Dach und unsere 65 Kilowatt-Peak Photovoltaikanlage sieht man.

Wir sind hier in einem Gebiet, in dem Landschafts- und Naturschutz eine essentielle Rolle spielen, vogel- und insektenfreundliches Bauen war Voraussetzung. Die umlaufende Holzfassade ist mit Blauregen begrünt, sie ist Sonnen- und Hitzepuffer und spart Kühlungsenergie. Insekten finden Nahrung und Unterschlupf und außerdem dämmt sie Lichtemissionen – was wieder die Insekten freut. Wir haben auch die Bepflanzung um das Hotel herum übernommen und Bäume auch am öffentlichen Parkplatz gepflanzt.

Unsere Speiseabfälle werden in einem Schredder mit Fettabscheider zerkleinert und einem unterirdischen Tanksystem gelagert, um daraus Bio-Diesel herzustellen. Ohne dieses System müssten die Essensreste gekühlt werden. Man glaubt nicht, wieviel Energie Betriebe aufwenden, um ihren Müll zu kühlen! Die Technik ist nicht neu, man muss es nur machen.

Du bekommst ein hübsches Armband, anstelle einer Plastikkarte. Sie öffnet die Türen, dient zum Bezahlen und die Burgenland Card wird darauf gebucht. Das Nils am See ist ein smartes Hotel: Haustechnik, Temperatur, Licht, Musik, alles wird digital gesteuert. Das System stammt von einer österreichischen Firma: Loxone Electronics. Es gibt Smartboards in jedem Zimmer. Wenn man möchte, läuft alles digital, auch der Room Service oder Check-in. Und das Wichtigste: keine Klimaanlage, die bei offener Terrassentür auf Hochtouren läuft. Kein Licht, das brennt, wenn keiner da ist!

Unsere Fahrzeugflotte besteht jedenfalls ausschließlich aus Elektroautos. Wir wollten lieber klotzen statt kleckern: Wir haben 17 Ladestationen und 31 Stellplätze mit Lademöglichkeiten geschaffen und werden vielleicht noch erweitern. Wir arbeiten mit der lokalen Fahrradvermietung zusammen, die uns moderne E-Bikes im Hotel zur Verfügung stellt und mit denen man bei jedem Wind und Wetter um den See kommt!

Der Bahnhof ist nur zehn Gehminuten entfernt. Per Direktverbindung ist man in 53 Minuten vom Wiener Hauptbahnhof bei uns! Und dann läuft man idyllisch unter Bäumen am Seepark entlang und bestaunt die Bootshäuser im Schilfgürtel. Der Fahrradverleih am Bahnhof vermietet auch unsere Räder, man kann also schon dort aufs Fahrrad steigen. Und wir arbeiten gerade an einem Goodie, das wir Gästen anbieten, wenn sie das Auto zuhause lassen.

Wir nennen das neue Gebäude gegenüber „Atelier 7121“, angelehnt an die Postleitzahl von Weiden am See. Die nachhaltige Eventlocation rundet das Platzangebot mit zusätzlichen Räumen für Seminare oder Veranstaltungen ab. Hier können lokale Winzer*innen ihre Weine präsentieren und Familien ihre Feste feiern. Das Gebäude gleicht einem typisch ländlichen Schuppen und wurde traditionell mit Schilf gedeckt. Ein Schilfdecker, der gegenüber im Seepark wohnt, hat es im See geschnitten und im Ort verarbeitet. Das Atelier 7121 samt eigener Vinothek mit Tapasbar bietet Platz für bis zu 180 Personen – von Firmenevents und Seminaren über Konzerte, Lesungen, Hochzeiten bis hin zum 80er vom Opa.

Wir haben bei der Planung und beim Bau vieles ganz anders und out of the box gedacht. Die Konzeptionierung war ein großer Teil des Projekts. Das Nils am See ist mein Baby. Für die großen Fragen habe ich mir viel Zeit genommen: Was ist wichtig, was will ich, wohin soll es gehen?

Ein Resort ohne Resort. Ein Ort zum Runterkommen, zum Abschalten, zum Spaß haben. Ich kenne den Seepark lange, das ist ein funktionierender Standort, an dem man eine tolle Zeit haben kann: Seebad, Strandbar, Segelschule, Tennis, Fahrradfahren und tolle Restaurants und Weinbau. Es ist schon Vieles in großartiger Qualität vorhanden. Diese Ressourcen kann man nutzen, das braucht man nicht alles selbst zu machen. Der Gast hat alles, was ihn glücklich macht, in unmittelbarer Nähe.

Die Zeiten waren nicht leicht für ein 16 Millionen teures Bauprojekt. Oft habe ich mir den Kopf zerbrochen, wie es stemmbar ist. Ich bin stolz, dass ich drangeblieben bin und meine Philosophie vom nachhaltigen und innovativen Haus durchgezogen habe. Ein Hotelberater hat am Anfang gefragt: Willst du Prestige oder Profit? Die Antwort war ganz klar: Na beides!