Fuchsegg Eco Lodge - Gemeinsamzeit im Bregenzerwald

Es gibt Projekte, die wollen auch gegen größten Widerstand auf die Welt kommen. Die Fuchsegg Eco Lodge in Vorarlberg ist so eines. Wie das? Berater und Branchenkenner haben Carmen Can und ihrer Familie davon abgeraten. Sie stuften das unbekannte Schetteregg im Bregenzerwald als C-Lage ein, hielten die Aufteilung der Häuser für unökonomisch, die Bauweise für zu teuer und die geplante Zimmeranzahl für zu gering. Und eigentlich schüttelten sie auch den Kopf – denn ganz ehrlich, wer wechselt schon freiwillig ohne Erfahrung vom Consultingbusiness ins Hotelgewerbe? 

„Mein Vater und ich haben stundenlang davon geredet und gesagt, da müsse jemand etwas machen hier in Schetteregg.“ Bis ihr Mann Kerim meinte, sie sollen nicht nur davon reden, sondern es selber tun! Aus der Vision wurde Realität: ein nachhaltiges Seminar- und Ferienhotel in Schetteregg, diesem Kraftplatz, an dem die Familie Hämmerle-Can in ihrem Ferienhaus selbst schon so viel Zeit verbracht hat.

Zehn Minuten kurvst du von Egg im Bregenzerwald hinauf in das kleine Familienski- und Wandergebiet Schetteregg. Die Tür zum Gasthaus öffnet automatisch. Das Erste, das du beim Reinkommen siehst, ist ein langer Tisch - ein Symbol dafür, dass hier auch Leute zusammenkommen, die sich noch nicht kennen. Hier gibt es genug Raum für Gemeinsamzeit, wie es Carmen nennt. Ein riesiges Sofa, Interior- und Kunstmagazine, Coffetablebooks, eine Bar, offenes Feuer flackert im Kamin. Die spannend bestückte Bibliothek wartet im Obergeschoß. Und eine Rezeption versteckt sich auch. Ganz dezent im hinteren Eck. 

Die Fuchsegg Eco Lodge ist eben kein gewöhnliches Hotel. Es ist ein Schmelztiegel von Interessen. Die einen wollen mit Großeltern und Kindern die Natur genießen, andere kommen für Zweisamkeit und wieder andere für ein Teammeeting. „Wir brauchen tolerante Gäste“, weiß Carmen. Und dafür entwarf das Bregenzer Duo Ludescher + Lutz eine klare Architektur. Vorlagen für so ein Konzept gab es bisher noch nicht. Es lässt sich eben nicht in eine Schublade wie Familienresort, Adult-only oder Aparthotel stecken. Es ist nicht durchökonomisiert. Das Fuchsegg erweitert die Möglichkeiten, Hotel zu denken und zu erleben.

Als Inspiration dient das Vorsäß - eine Art Mittelstation, auf der Bauern am Weg zwischen Hof im Tal und Sommerfrische oben am Berg Halt machen. Wie eine traditionelle Bregenzerwälder Vorsäß-Siedlung verteilen sie die Fuchsegg Lodge auf sechs Häuser, die sich dorfähnlich in die Umgebung einfügen, so als stünden sie immer schon da. 

Nur 30 Zimmer teilen sich auf das Flux, das Wälderhaus und das Haus Drei auf. Du wählst zwischen einer Loft mit offenem Kamin zum selbst Einheizen, einem Zweibettzimmer oder einem Familienzimmer. An der Einrichtung haben gleich mehrere Tischler aus dem Bregenzerwald gleichzeitig gewerkt. Sie verbauen fünf verschiedene Hölzer - „weil im Wald wachsen Bäume auch nebeneinander“, sagt Carmen. Die Themen wohngesunde Materialien, Qualität und Wertigkeit begleiten die Inhaberfamilie Hämmerle-Can schon ihr ganzes Leben. Nichts soll modisch sein, dafür alles sinnvoll, ästhetisch und praktisch. Das Holz ist unbehandelt, geseift oder geölt. "Solche Möbel sind für viele Generationen.“ 

Der riesige Kachelofen in der Lobby ist so ein typisches Stück. Sebastian Rauch und sein Team von Karak hat die Kacheln mit der uralten japanischen Raku-Technik gebrannt, seine Mama die Muster dafür entworfen. Die Farben für den Ofen und für das ganze Resort stammen aus der Natur, die das Fuchsegg einhüllt: Heidelbeer und Steinpilzbraun. "Das erinnern mich an die viele Zeit, die wir hier im Wald verbracht haben“, erzählt Carmen. Die stimmigen Leuchten im Raum stammen von dem mit dem Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit ausgezeichneten Designer Georg Bechter aus dem nahen Hittisau. In den Zimmern tauchst du schließlich voll in die Lebensart des Bregenzerwaldes ein. „Übriggebliebene Möbel wurden früher vom Bauernhof aufs Vorsäß raufgeführt. Das haben wir beim Einrichten als Philosophie mitgegeben.“ Sie wollte nichts eingebaut, alles lieber leicht und gestellt, locker zusammengewürfelt und hyperregional. Eigentlich ist die Fuchsegg Eco Lodge ein Showroom für das Handwerk im Bregenzerwald. Wenn du auch so wohnen willst, kopier dir den nächsten Absatz raus!

Du schlüpfst aus den Schuhen und trippelst auf dem ökologisch voll abbaubaren Lehmkaseinboden durchs Zimmer. Darauf liegen Clarissakork-Teppiche aus einer Manufaktur im Bregenzerwald. „Die sind immer fußwarm und antibakteriell“, schwärmt Carmen. Die Räume sind hoch, die Wände aus unbehandelter, sägerauher Weißtanne oder wie im Saunahaus mit Kalkglätte verputzt. Das Gestein dafür stammt vom Berg Kanisfluh, gebrannt von Gerold Ulrich. David Ledestky tragt das Material in mehreren Arbeitsschritten auf und verarbeitet zum Schluss schwarze Olivenpaste drüber. Eine Wand, die atmet wie Holz. Das Sofa ist mit Naturstoffen vom Polsterer überzogen. Du knipst handgefertigte Leuchten von Strolz an. Holzlamellen schützen die Fenster vor der Sonne. Mit einem leisen Knarren kannst du sie zum Verdunkeln schließen. Per Hand.

Und das Wichtigste im Urlaub: gute Betten. „Wann ist man langfristig erfolgreich?“, fragt die langjährige Coachin und gibt sich die Antwort gleich selbst: „Wenn man gut schläft.“ Die Betten sind tatsächlich ein Highlight. Entweder du kuschelst dich auf eine Samina-Matratze mit Vollholz-Esche Lamellen und einer Erdungsmatte darauf, die dir das Gefühl gibt, du gehst über Gras. Oder du liegst auf dem Naturschlafsystem vom Mohr Polsterer mit Schafwolltopper. Auf jeden Fall findest du ein angenehm duftendes 7-Ruhe-Kräuter-Kissen von der Firma Himmelgrün aus Egg in deinem Bett. 

Der Outdoor-Pool öffnet in der kalten Jahreszeit um zehn Uhr morgens. Sobald das Wasser dampft, kommen schon die ersten Gäste aus dem Saunahaus gelaufen, um in das warme Blau zu springen. „Der ganzjährig beheizte Außenpool ist wohl das einzig nicht nachhaltige hier im Fuchsegg“, sagt Carmen. „Dafür ermöglicht er einen Ganzjahresbetrieb mit Jahresstellen für unsere MitarbeiterInnen und das war immer unsere Bedingung.“ Der Pool ist wichtig für Klein und Groß, um in allen vier Jahreszeiten Gäste anzusprechen. 

Jeden Donnerstag tischt das Küchenduo Bernhard Muxel und Philipp Schwendinger im Gasthaus Kässpätzle mit Apfelmus auf, traditionell in der Holzgepse serviert. Als Nachspeise gibt es Sig-Eis. Nie gehört? Sig besteht aus ganz lange eingedickter, karamellisierter Molke und wurde Kindern früher einmal als „Wälder Schokolade“ verkauft. Mittags gibt es eine kleine Karte, abends meist ein Drei-Gang-Menü - das gleiche für Familien, Tagungs- und  A-la-carte-Gäste. So wird nichts verschwendet und alles frisch zubereitet. Apropos Ressourcenschonung: Durch das Fuchsegg lohnt sich nun Fernwärme aus regionalem Waldhackgut in Schetteregg, andere konnten so vom Öl umgestiegen. „Wir haben eine Photovoltaik auf der Tenn noch dazu“, sagt Carmen. Das wäre jetzt auch nicht unbedingt auf der Liste der Berater gestanden. Aber der Familie und ihr war es wichtig.