Haus Hirt: Urlaub für Familien und Freigeister

Bad Gastein ist eigentlich kein Dorf. Mit seinen Hochhäusern und der Skyline, die sich rund um die schroffe Schlucht des Wasserfalls abzeichnet, wirkt es urban. Die ehemaligen Kurgäste, die Reichen und Adeligen, sind einem kreativen Publikum gewichen. Junge Menschen aus den Städten der Welt veranstalten in den Palästen und Grand Hotels Kunst- und Musikfestivals und lassen Insider*innen vom neuen Berlin sprechen. Der Vergleich mit der deutschen Hauptstadt hinkt vielleicht ein bisschen, was die beiden aber miteinander verbindet ist eine Umbruchstimmung, ein Kribbeln, das nicht zuletzt durch Hoteliers wie Evelyn und Ike Ikrath mit angekurbelt wird, die alten Häusern mit Gespür für den Wert des Bestehenden neues Leben einhauchen. In ihren beiden Hotels, dem Miramonte und dem Haus Hirt, führt das Paar eine kunterbunte Mischung an Menschen zusammen. Leute aus der Kreativszene, Künstler*innen und Familien. Sie kuratieren ihre Boutiquehotels als stünden sie in einer Großstadt.

Das Haus Hirt ist das Familienfreundliche. „Meine Vision war immer das große Haus für Family und Friends“, sagt Evelyn. Sie selbst ist in dem 1924 erbauten Haus mit dem wahnsinnigen Blick über das Gasteinertal als älteste Tochter einer Bad Gasteiner Hoteliersfamilie aufgewachsen. So, wie die Kinderlein heute, sind die vier Geschwister damals in Strumpfhosen durch die Gänge gehüpft, haben das erlebt, was man eine unbeschwerte Kindheit nennt. Mitte der achtziger Jahre, erzählt Evelyn, hatte man in Bad Gastein plötzlich das Gefühl als bliebe die Luft stehen. Es war das Ende der letzten Versuche, den alten Kurort zu einem Monte Carlo der Alpen aufzupolieren. Evelyn floh hinaus aus dem Tal bis nach New York, bereiste die Welt, bis sie 1995 von Ike, einem Architekten mit Büro in Wien, abgefangen wurde, um ihre gemeinsame Zukunft in Bad Gastein neu zu gestalten.

Betrittst du das Hotel der Ikraths heute, stolperst du zurück in Evelyns fröhliche Kindheit. Bunt, lebendig ist es hier, mit 33 individuell gestalteten Zimmern, die du noch mit Schlüssel statt mit Chipkarte aufschließt. Wie ein Kuckucksnest, das über dem Gasteinertal hockt, als großes Ferienhaus, in dem du als Gast nicht König oder Königin bist, sondern ein guter Freund des Hauses. Was viel kostbarer ist, weil seltener.

Den Change siehst du im Haus Hirt nicht an der Photovoltaikanlage am Dach. Oder an den E-Bikes vor der Haustüre. Nachhaltig sind die vielen Begegnungen, die in dieser Astrid-Lindgren-Kulisse auf eine unvergleichlich leichtfüßige Art entstehen. Evelyn tut nichts lieber als Menschen miteinander vernetzen und gibt ihnen dafür den passenden Raum und die Atmosphäre. Das Haus Hirt ist Coworking-Space, Großfamilien-Wohnzimmer und Social Network gleichzeitig. Ein ideales Setting für Gatherings von kosmopoliten Zeit- und Freigeistern. „Richtig erholsam ist es dann, wenn du kommst und merkst: the crowd is the right crowd“, sagt die Hotelchefin.

Diese Crowd sind die Kinder, die auf dem alten Holzboden Uno spielen. Es sind die Eltern, die in Vintage-Fauteuils lümmeln, mit einem Glaserl Rosé in der Hand und mit neu gefundenen Freund*innen im Gespräch versunken. Es ist die ältere Frau, die sich in einer Ecke auf dem alten Ledersofa in einem Kunstmagazin verliert. Diese Crowd ist weltoffen und international. Sie switcht selbstverständlich zwischen Englisch und Deutsch. Trifft sich am Abend im Salon. Geht untertags gemeinsam wandern oder skifahren. Taucht alleine ins Indoor Pool ab und richtet zwischendurch den Blick vom Gasteiner Tal nach innen und macht Yoga. Gute Vibes entstehen im Sommer auf der Terrasse bei einem hausgemachten grünen Wiesensaft. Pünktlich um 18 Uhr können die "Hirt"-Kinder zum betreuten Kids-Dinner in einem der hübschesten Speisesäle Österreichs. Und während der Nachwuchs zum Nudis-Essen animiert wird, bekommen die Eltern einen Aperitif und können entspannen. Später, wenn die Kleinen dann selig schlafen und das Babyphone längst läuft, teilst du den restlichen Abend mit lieben Menschen – Evelyns Vision vom großen Haus für Family und Friends.

Jeden Morgen schickt die Sonne ihre ersten Strahlen auf die Gipfel der Gasteiner Berge und begrüßt dich durch die großen Glasfronten im Speiseraum. Beim Frühstück treffen sich dann alle wieder: Die noch müden Eltern, die Bergfexe in Funktionskleidung, die Faulenzer und die Kinder mit mürbem Kipferl in der Hand. Das Essen – egal ob die Frühstückstafel oder das Salatbuffet zu Mittag und am Abend – ist bunt und vielfältig. Ein Schälchen mit pinken Hummus aus Roten Rüben steht neben der grasgrünen Avocadocreme, über das Porridge fließt dunkelroter Himbeerröster, die frischen Salate sind farbenfrohe Kösteleien aus verschiedenen Gewürzen, Gemüsen und Kräutern.

Bei der Versorgung der Gäste achten die Ikraths immer darauf, dass so viel wie möglich lokal und frisch ist und so wenig wie möglich im Müll landet. „Das Fleisch liefert unser Butcher aus dem Ort“, sagt Evelyn. „Was am Abend beim Dinner übrig bleibt, gibt es am nächsten Tag zu Mittag wieder“. Das vegetarische Angebot bauen die Ikraths gerade nochmal mehr aus. Viel Bio-Gemüse ist jetzt schon mit im Spiel. Auf der Weinkarte stehen hauptsächlich Biodynamische und das Bier vom Fass ist familiengebraut.

Das Aveda-Spa mit Sauna, Dampfbad und Behandlungsräumen ist der Ruhepol im Hotel. Als Quelle der Jugend fungiert darin das Thermalwasser aus den heißen Quellen von Bad Gastein, das mit natürlichem Radon angereichert direkt ins Haus sprudelt. Wenn im Indoor Pool die Kleinen am späten Nachmittag für eine Stunde das Sagen haben, ist es im Sommer in den Liegen auf der Terrasse fein. Über das ganze Jahr hinweg laden die Ikraths Yoga-Lehrer*innen ein, die unterschiedliche Kurse und Workshops anbieten. Zudem wollen sie ihren Gästen, Groß wie Klein, die Natur näher bringen, „unseren größten Schatz hier“, sagt Evelyn. Im Sommer nehmen dich deshalb lokale Wanderguides regelmäßig mit in die Berge und im Winter zur Skitour oder zur Abfahrt abseits der Piste. Für Kinder holt die Hirt-Mama Bauern und Bäuerinnen aus dem Gasteinertal ins Haus. „Die Heidi vom Mühlhof zum Beispiel, eine Waldpädagogin, die zu uns kommt und mit den Kids ihr herrliches Mühlhofbrot bäckt“.

Insgesamt 17 Nationen arbeiten im Haus Hirt unter einem Dach. Auch sie, so scheint es, haben hier eine richtig gute Zeit. Es sind Quereinsteiger*innen und Weitgereiste, junge Mütter, die sich – wie alle anderen Mitarbeitenden auch – ihre Arbeitszeiten familienfair und flexibel einteilen können, „weil ja auch die Lebensmuster jedes Menschen so unterschiedlich sind“, findet Evelyn.

So, wie das Team selbst, kommen auch die Möbel und Wohn-Accessoires im Hotel aus den unterschiedlichsten Ecken der Welt. Mit Hilfe von kreativen, internationalen Freundinnen, Handwerkern und Künstlerinnen hat das Haus seine originelle Optik erhalten – vom riesigen Wandbild von Rudolf Hermann Eisenmenger und den rosaroten Vasen bei der Rezeption bis zum Luster aus versiegelten Briefen über der langen Tafel im Kaminzimmer. Das Haus Hirt ist aber kein Designhotel, hier wirkt rein gar nichts wie aus dem Katalog. Zwar verstecken sich im Hotel Design-Leuchten von Megumi Ito oder wunderschöne Saarinen-Tische, aber auch die Geschichte des Gebäudes merkst du an vielen kleinen Details. „Alles, was gut altert, behalten wir“, sagt Evelyn. Alte Möbel, alte Bücherregale, das alte Silber von früher. So wollen die Ikraths Kreisläufe erhalten. Statt Dinge wegzuschmeißen, lassen sie sie lieber von Handwerker*innen aus der Umgebung aufpäppeln, oder upcyclen wie es heute so schön heißt.

Das Haus Hirt ist wie eine Umarmung. Wenn du es verlässt, bleibt es als Sehnsuchtsort im Kopf, als diese Komfortzone, aus der du nie ausbrechen willst. Auch Matthias Horx, der bekannte deutsche Zukunftsforscher, hat sich ad hoc in das Hotel verliebt. Er schreibt über die Wichtigkeit von Freundschaft und Liebe, warum wir in Clans und Sippen leben, über den Trend zur Co-Familiarität, die besagt, dass Menschen am besten und glücklichsten in einem vielfältigen Beziehungsnetzwerk leben – genau so, wie sie es im Haus Hirt tun. Das Haus Hirt ist Chill-Out und Gin Tonic, Wums-Ausblick und Alpinnostalgie. Vor allem aber ist es eine fröhliche Homebase für alle, die nachhaltige Verbindungen ermöglicht. Und eine Welt, von deren Offenheit sich die richte eine Scheibe abschneiden kann.