Hotel Gut Trattlerhof – der klimaneutrale Gutshof

Birgit Forstnig ist eine interessante Frau. Sie arbeitete in New York für Kofi Anan, den ehemaligen Generalsekretär der Vereinten Nationen. Ihr Spezialgebiet: Umwelt und Menschenrechte, Korruption und Arbeitsstandards. Sie wechselte zum Prince of Wales Trust für Nachhaltigkeit. Es folgten sieben Jahre bei Siemens – als Leiterin der Antikorruptionsabteilung. Heute ist die Villacherin die Seele und die Gastgeberin des Hotel Gut Trattlerhof in Bad Kleinkirchheim.

Jakob Forstnig ist ein interessanter Mann. Er wollte immer am Wörthersee kellnern und kochen. Es ist dann aber Italien, England und Belgien geworden. Es folgte: Colorado, Washington DC, New York und zum Schluss sechs Jahre Deutschland. Sein Antrieb: Alles Gelernte in irgendeiner Form in Bad Kleinkirchheim umsetzen. Das hat er auch getan, im Jahr 2012.

Das Hotel Gut Trattlerhof ist ein interessantes Haus. Bis 1520 gehen die Aufzeichnungen zurück, seit 1642 wird es als Gasthaus und Hotel geführt. Im Restaurant siehst du noch den alten Holzbalken aus dem Jahre 1756. Die direkte Verbindung der Postkutschen nach Wien führte am Haus vorbei. Hier wurde gerastet, getrunken, geschlafen, die Pferde gefüttert. Dem Hofnarr Joseph Paul Zopf wurde 1737 die Einkehr zum Verhängnis. Er hatte Geld im Kloster Millstatt gestohlen und war auf dem Weg nach Wien. Der damalige Trattlerhofwirt hatte ihn erkannt und verpfiffen. Der Rest ist Geschichte – und der erste dokumentierte Whistleblower Österreichs kam damit aus Bad Kleinkirchheim. Live zu sehen in der Zopfstube, auf einem historischen Bild aus dem Jahr 1737.

Heute ist die Sache wesentlich ungefährlicher. Vor allem nachhaltiger. Wenn du auf dem Hotelparkplatz ankommst, siehst du sofort die zahlreichen Ladestationen für E-Autos und E-Bikes. Jakob Forstnig: „Wir waren die ersten in Kärnten, die einen Schnelllader mit 100 kw für die touristische Nutzung gebaut haben.“ Heute stehen ums Hotel 18 E-Ladestationen. Darunter auch die Tesla Destination Charger – übrigens (noch) kostenlos. „Ein wichtiger Bestandteil unseres „Trattlerhof goes green“ – Konzepts ist die Erweiterung der E-Mobilität. „Für Gäste, die E-Mobilität das erste Mal erleben wollen, bieten wir drei E-Autos an, inklusive zwei Teslas. Das kann man bei uns buchen und wird auch sehr gut angenommen.”

In genau diesen Tesla steigen wir auch, mit dem uns Jakob zum nahen hauseigenen Wasserkraftwerk bringt. Sein Vater hat in den 90er Jahren die schlaue Idee, den Kleinkirchheimer Bach aufzustauen und Kraftwerke zu bauen. 60 Meter Gefälle reichen locker aus, damit das Kraftwerk, das Forstnig gemeinsam mit der Kelag betreibt, genug Energie aus reiner Wasserkraft liefert, um das ganze Hotel zu versorgen. Das Hotel Gut Trattlerhof ist damit energieautark. Die Chalets und das Restaurant Einkehr wurden an das Nahwärmenetz angebunden. Gleichzeitig entwickelte Forstnig mit dem Beratungsinstitut Denkstatt in Wien Schautafeln und einen eigenen CO₂ Rechner für Gäste. Wir haben den Rechner getestet: Für die An- und Abreise unseres Besuches und die zwei Tage Halbpension entstanden 365 kg CO₂. Abzüglich aller Energiesparmaßnahmen und der Energie aus reiner Wasserkraft lag unser CO₂ Abdruck bei minus 7 Kilogramm – immer im Vergleich zu regionalen Hotels, die ohne diese Maßnahmen arbeiten. Ein gutes Gefühl.

Zurück im Hotel, nimmt uns Birgit mit auf einen Rundgang und zeigt uns alle drei Locations des Hotel Gut Trattlerhof. „Wir sind mit Sicherheit einer der best geprüften Tourismusbetriebe“, sagt sie. Das kam so: Das Hotel selbst ist nach dem Österreichischen Umweltzeichen und dem ECO Label der EU zertifiziert. Mit dem Restaurant Einkehr – ein beliebter Foodie-Treffpunkt für Urlauber*innen und auch Einheimische – haben sich die Forstnigs der Slow Food Bewegung angeschlossen und sich deren strengen Kriterien für Regionalität, Bio und Nachhaltigkeit unterworfen. 4,5 von 5 Slow Food Schnecken trägt das Restaurant in seiner Urkunde – damit zählt es zu den Top Slow Food Betrieben in Kärnten. Architektonisch ist die Einkehr ein Vorzeigebeispiel von nachhaltigem Materialeinsatz: Das Restaurant besteht zum großen Teil aus abgetragenen Bauernhöfen aus St. Oswald. Vieles davon ist über 300 Jahre alt.

„Unsere Chalets, die wir im Jahr 2017 als Dorfsiedlung gebaut haben, wurde vom Mitbewerb genau unter die Augen genommen.“ Der Nachbarbetrieb konnte mit dem geplanten Neubau nicht so gut leben – die Forstnigs gingen durch einen daraus resultierenden Prüfungsdschungel: Abwasserchecks, Lärmverordnungschecks, Grundwassercheck, Umweltverträglichkeitsprüfung und, und, und – am Ende wurden alle Vorschriften erfüllt, die Chalets konnten gebaut werden. Für Birgit kein Problem: „Ich habe in meinen Jobs gelernt, immer alles transparent darzustellen und zu kommunizieren. Das kam mir damals und auch heute noch total zugute.“ Manchmal ärgere sie sich über die Menge an unnützen Vorschriften für nachhaltige Betriebe: „Im Hotel dürfen wir nachfüllbare Bioseifenbehälter verwenden. In den Chalets müssen die Seifen und Duschgels einzeln verpackt sein.“ Sinn mache das nicht, aber der Gesetzgeber schreibe es so vor. „Auch das wird sich in den nächsten Jahren noch positiv verändern“, ist sie überzeugt.

Das Hotel selbst ist ein kleiner Irrgarten. Bist du eine Woche dort, verläufst du dich bestimmt zehn Mal. Das kommt daher, dass das Hotel selbst in mehrere Bauphasen immer wieder vergrößert und auf den Letztstand gebracht wurde. Zuletzt im großen Stil 2018, als 15 Zimmer und Suiten und der neue Wellnessbereich samt Ruheraum, Lampen aus Heuwiesenblumen und die Panoramasauna dazukamen. Seitdem existiert auch der Altholz-Ruheraum, ein stimmiger Teil des Wald-Wellness-Bereichs – gebaut vom Holz des alten Pferdestalls.

Zurück ins Restaurant des Hotels: Vorbei an dem großen Kachelofen – es gibt übrigens 10 davon im Haus – stehst du plötzlich vor dem großen hölzernen Beichtstuhl. Er beschäftigt sich nach wie vor mit kleinen Sünden – er fungiert als Weinschrank. Für die vielen bekannten Winzer*innen, die gut 30 Mal im Jahr zu der Veranstaltungsreihe Winzer am Berg im Trattlerhof vorbeikommen, ist der Beichtstuhl oft der Treffpunkt für die Querverkostung ihrer Tropfen.

Draußen, vor dem Restaurant, fließt der kleine Bach durch das Hotelgrundstück durch. Ein angenehmes Geräusch, das beruhigt. Alles im flow. „Würde man meinen“, sagt Jakob Forstnig. „Als wir die neuen Zimmer eröffnet haben, wurde der Bach zum Problem. Gäste konnten wegen des Rauschens nicht schlafen“, erinnert er sich. Für ihn damals ein Zeichen, „wie weit wir uns schon alle von der Natur entfernt haben.“ Genau hier sieht er die Aufgabe des Trattlerhof: „Inspiration zu sein, um sich wieder mehr mit der Natur verbinden zu können“ – sei es im hauseigenen Reitstall oder im Biosphärenpark, der auf der anderen Straßenseite des Hotels beginnt. „30 Prozent unserer Gäste leben bereits nachhaltig und mit Respekt vor der Natur, den Menschen und dem Klima. 30 Prozent ist das Thema egal, die kriegst du auch nicht mit besseren Angeboten oder Rabatten. Die restlichen 40 Prozent, die können wir abholen auf ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit und inspirieren. „Das ist unsere Aufgabe im Trattlerhof“, sagt Jakob Forstnig. „Und mit Sicherheit auch die Aufgabe im Tourismus. Nur wer heute schon an morgen denkt, entscheidet mit, wie die Zukunft auf unserer Erde und die Zukunft unserer Kinder aussehen wird.“