Henriette – erstes Gemeinwohl-Hotel in Wien
Verena und Georg Pastuszyn stellen ihr Stadthotel Henriette auf den Kopf. Sie machen aus dem Vier-Sterne-Haus ein Hotel mit Wiener Flair, lebendiger Nachbarschaft und eigener Apero-Bar. Denn hier geht es um Gemeinwohl-Ökonomie, Circular Living, Mitarbeiter-Fairness und darum, ein Stückchen Welt zu verbessern.
Das 60er-Jahr-Gebäude mit neu gestalteter Fassade strahlt den angesagten Retro-Charme aus. Die Lage an der Praterstraße und die Nähe zum Wiener Prater tun ihr übriges für echten Wiener Lifestyle, auf den du hier in quirligster Form triffst. Deswegen erzählen dir Georg und Verena Pastuszyn in jedem der sieben Stockwerke eine andere Wiener Geschichte: über Architektur, Kulinarik, berühmte Persönlichkeiten oder Ausblicke. Liebevoll mit Fotos und Texten gestaltet bis hinein in die großzügigen Zimmer mit Garconniere-Charakter und Balkon. Die Geschichte, an der sie selbst schreiben, ist die der Veränderung. Der Change zum ersten Gemeinwohlhotel Wiens und zu österreichs erstem Hotel mit Circular-Living-Zimmern.
Hinter Henriette steckt ein tiefgründiges Hotelierspaar, das sich vorgenommen hat, das gute Leben zu befördern. Und zwar nicht nur das eigene und das seiner Gäste, sondern auch das seiner Mitarbeiter und Nachbarinnen. Das Unternehmerduo will einen Unterschied machen, „nicht die ganze Welt verbessern, aber das Stückchen Welt um uns herum“, erklärt Verena Pastuszyn. Der Name dafür wurde bald gefunden: Henriette lebte ein paar Häuser weiter ein ganz und gar unkonventionelles Leben. Als Sängerin und Mutter von sieben unehelichen Kindern, heiratete Henriette „Jetty“ Treffz 1862 spät den sieben Jahre jüngeren Walzerkönig Johann Strauß. Mit ihm lebte sie in der Praterstraße 54, wo der Donauwalzer entstand. Die Wohnung, als Museum, kann man heute noch besuchen.
Ähnlich unkonventionell und jenseits aller Standards gehen Verena und Georg ihren Hotelbetrieb an, denn ihre Standards beginnen an jenem Punkt, an dem andere ihr Soll bereits zu 100 Prozent erfüllt sehen. 2019 haben die beiden ihre erste Gemeinwohl-Bilanz erstellt und dabei die Null, also die österreichischen Arbeitgeber-Standards, aus eigenem Antrieb um mehr als 39 Prozent übertroffen. Im Sinne der ökologischen Nachhaltigkeit, der Transparenz und Mitentscheidung, der Menschenwürde und der Solidarität und Gerechtigkeit, im Sinne der Gemeinwohl-Ökonomie eben. „Uns war zunächst gar nicht bewusst, dass wir vieles anders machen. Wir haben einfach getan, was wir tun wollten, tun mussten“, erklärt Georg. „Und plötzlich haben wir dafür viel Aufmerksamkeit bekommen.“ Erst kürzlich stattete eine Delegation der Fraunhofer-Gesellschaft dem Hotel einen Besuch ab.
Mit ihren fünf neu gestalteten Circular-Living-Zimmern im Hotel Henriette setzen die Gastgeber ein starkes Zeichen für Kreislaufwirtschaft im Hotelbetrieb. Inspiriert von Verenas Großmutter, für die Wiederverwertung einst selbstverständlich war, entstanden Räume, in denen jedes Material ein zweites Leben erhält – nach dem Prinzip Cradle to Cradle. Die farbenfrohen Waschtische im Badezimmer etwa waren früher Kühlschränke. Die Betten wurden aus „Organic Boards“ gefertigt. Gedämmt wird mit Stroh aus dem Weinviertel und Schafwolle aus Österreich, die mineralischen Wandfarben stammen von einem Naturfarbenhersteller aus dem Mühlviertel. Die Tagesdecken kommen von der Traditionsweberei Viehböck in Oberösterreich, die seit 1832 Stoffe herstellt, und das flexible Schranksystem wurde von der Tischlerei Göbel in Wien speziell für das Projekt entwickelt. Für Verena und Georg zählt vor allem eines: Materialien so zu verwenden, dass sie wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden können – für mehr Wohngesundheit und weniger Ressourcenverbrauch.
Das alles hat ganz viel mit den Werten zu tun, die Georg und Verena für so wichtig halten: Respekt, Achtsamkeit und das Bestreben, keinen Schaden mit ihrem Tun anzurichten. Nicht sich, sondern ihre Umgebung zu bereichern. „Einen guten Ort schaffen“, wie sie es nennen. Und dazu gehört, dass 85 Prozent der Lebensmittel regional oder bio sind und 87 Prozent der Lieferbetriebe aus Österreich stammen. Die Anbieter werden nach dem Prinzip „klein vor groß“ ausgewählt. „Kaffee, Tee und Bananen sind das Exotischste, das wir haben“, schmunzelt Verena im gemütlichen Frühstücksraum mit blühenden roten Pelargonien am Balkon und mit Gästen vom Nebentisch kommst du schnell ins Gespräch.
Viele Mitarbeiter*innen kommen als ungelernte Fachkräfte oder ohne Berufserfahrung ins Haus. „Uns geht es darum, dass sie unsere Werte und Standards teilen, die nötigen beruflichen Qualifikationen erwerben sie bei uns“, erklären die beiden. 30 Menschen aus sechs verschiedenen Nationen arbeiten im Henriette Stadthotel. 38 Prozent von ihnen erhalten mehr Gehalt als im Kollektivvertrag vorgeschrieben. Dazu kommen Benefits wie kostenloses Frühstück, gemeinsames Mittagessen, zahlreiche Arbeitszeitmodelle, um Überstunden zu vermeiden und Weiterbildungsmöglichkeiten. Das Team stellt sich und seine Wiener Lieblingsplätze übrigens im Stiegenhaus des Hotels vor, wo du dich stets inspirieren kannst. Gute Töne kommen gerade auch aus der Küche. Die Frühstückszeit ist beendet, die Räume sind verlassen und die Mitarbeiter*innen drehen ihre Musik auf. Laut, gut gelaunt, erfreulich unkonventionell und motivierend klingt Metal-Musik aus den Lautsprechern.
Im Henriette nächtigst du ohne Chemie. „Wir reinigen mit Dampf“, erklärt Georg, „das ist aufwendiger, aber für Gäste und Mitarbeiter*innen gesünder.“ Dadurch verringert das Hotel den Wasserverbrauch um 90 Prozent und vermeidet den Plastikmüll von Putzmittelgebinden. Neu hinzu kommen gerade ausschließlich natürliche Schlafmaterialien, von der Naturlatex-Matratze bis zur Leinenbettwäsche.
5 Sinne Check
gute Stimmung
null Chemie
frischer Karottensaft
Wertschätzung
das Wiener Leben
Am Zimmer schnappst du dir ein kühles Getränk aus der Eco-zertifizierten Minibar. Und wenn du es dir beim Leselicht gemütlich machst, dann leuchtet auch das zu 100 Prozent mit Ökostrom. Für Warmwasser, Heizung und Kühlung sorgt eine Luft-Luft-Wärmepumpe am Dach des Hotels, was den CO2-Ausstoß des Hotels auf Null stellt. Vor der Hoteltür bleibt die U-Bahn stehen und die gerufenen Taxis haben Hybrid- oder E-Antrieb.
Das Henriette ist ein change maker Hotel, weil...
Verena und Georg mit dem ersten Wiener Gemeinwohl-Hotel lieber das Grätzel um sie herum verbessern als den Profit auf Biegen und Brechen zu maximieren. Weil ihre Standards erst da beginnen, wo andere sie schon zu 100 Prozent erfüllt sehen. Das Henriette beflügelt Gäste, Mitarbeiter*innen und die Nachbarschaft.
Mit dem „Schönen Ernst“ ist eine Tagesbar entstanden, die das lockere Lebensgefühl italienischer Bars mit Wiener Seele verbindet – und auch die Bewohner*innen des Grätzels ins Henriette einlädt. Von morgens bis abends gibt es hier liebevoll Zubereitetes – mal ein cremiger Caffè mit frischem Gebäck, mal ein würziges Porridge oder später ein Sauerteigbaguette mit zartem Roastbeef. An warmen Tagen kannst du deinen Spritzer – mit oder ohne Alkohol – auch im Schanigarten genießen.
Auch im Schönen Ernst gilt: Qualität kommt aus der Nähe. Fast alle Frühstückszutaten stammen aus regionaler Landwirtschaft, ein Großteil davon ist biologisch produziert. Selbst der Prosecco fließt nicht aus der Flasche, sondern direkt aus dem Fass. Die Getränkekarte überrascht dich mit kreativen Spritzer-Variationen, etwa mit Lavendel, Basilikum oder Apfel. Verena bringt ihre Heurigen-Erfahrung aus dem Weinviertel mit ein – und so gibt's neben all dem italienischen Flair ganz selbstverständlich auch einen Liptauer mit Soletti.
All das und noch mehr kannst du übrigens im Sinne der Transparenz auch selbst auf der Website von Henriette nachlesen. Weitere Schritte in Richtung Best Place to Work, den die beiden anstreben, und ganz sicherlich auch in Richtung Best Place to Be, wurden gemacht. Der Sustainable Hospitality Award 2023, der 360° Good Economy Award 2024 und der TRIGOS-Award 2024 zeugen vom Engagement. „Trotz aller Bemühungen sehen wir uns erst am Anfang, denn kaum ein Business umfasst so viele Bereiche des Lebens wie ein Hotel. Da kann man immer und überall noch mehr tun“, sagt Georg. Es gehe nicht um Perfektion. Es geht um Qualität, um Exzellenz. "Um einen guten Ort“, ergänzt Verena. Fürs Gemeinwohl und fürs Gleichwohl Fühlen. Das ist doch eine ziemlich buchbare Bilanz.
Die Stärken des Hotel Henriette
Kontakt &
Buchungsanfragen
Praterstraße 44-46
1020 Wien
Henriette Stadthotel
66 Zimmer, 6 Suiten
ab 127 Euro pro Zimmer/Nacht
Erstes Hotel Österreichs mit Circular-Living-Zimmern
wohngesunde Materialien
Henriettes Bio-Frühstück
eigene Bar "Der Schöne Ernst"
gute Lage – nur wenige Minuten zu Fuß zu Stephansdom und Prater
U-Bahn-Station vor der Haustür