Hotel Luise – grüner Mikrokosmos in Erlangen
Das Hotel Luise in Erlangen ist so ganz anders als ein normales Stadthotel. Kein Wunder, liebt Gastgeber Ben Förtsch doch nichts mehr als die ständige Veränderung. Was es mit dem Baum am Dach auf sich hat, wie nachwachsende Hotelzimmer funktionieren und was ein Meeting zu einem Green Meeting macht, liest du hier.
Kaum angekommen am Bahnhof Erlangen, geht’s mit dem Bus 287 vier Stationen weiter zur Mozartstraße. Ticket brauchst du keines, denn in der Innenstadt fahren Busse seit 2024 kostenlos. Auf dem kurzen Fußweg zum Hotel Luise erspähst du dann direkt eine Besonderheit des Hauses: den Baum am Dach. „Es ist die grüne Krone, die wir uns aufgesetzt haben“, beschreibt Gastgeber Ben Förtsch. Ein Leuchtturm als sichtbares Zeichen, dass die Natur in seinem Hotel an oberster Stelle steht.
Gute 10 Jahre. So lange tüftelt Gastgeber Ben Förtsch bereits am Hotel Luise, das er in dritter Generation führt. Gerade mal Mitte Zwanzig war er, als sein Vater erkrankte und entschied, dass er das Hotel übernehmen solle. 92 Zimmer in unterschiedlichen Gebäudeteilen aus unterschiedlichen Epochen – ein Sammelsurium voller individueller Herausforderungen. Aber gefragt wurde damals nicht lange.
Heute ist Ben Vollbluthotelier mit klarer Vision. Ein Hotel der Kreisläufe ist das Ziel und der rote Faden, der sich durch sein Schaffen zieht. Ben hat das einstige Gästehaus zum ersten klimapositiven Hotel in Europa gemacht. In der Branche ist der grüne Gastgeber bekannt und gefragt, er macht bei Panels und EU-Tourismusprojekten mit und räumt Preise ab. 2024 ist er mit dem Hotel Luise sowohl für den Deutschen Tourismuspreis als auch für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis nominiert. Im Hotel Luise spürst du seine Erfahrung. Und in der Lobby kannst du sie sogar auf einer großen grünen Wand bestaunen.
„Wall of Change“ nennt er sein Herzensprojekt. Jedes Blatt aus Holz steht für eine grüne Maßnahme. Die Gravur informiert Gäste, welcher Change im Haus bewirkt wurde. Vom Mikrowald über Keycards aus Holz, umweltschonende Reinigung und faire Mitarbeiterkleidung bis zur Lufttankstelle für Fahrräder. Über 270 nachhaltige Projekte wurden im Hotel Luise bereits auf den Weg gebracht. Und Ben strotzt immer noch vor Einfallsreichtum. Bald werden die nächsten Blätter für die "Wall of Change“ graviert, um Wissen und Erfahrungen zu teilen. Und wenn die Wand voll ist? „Dann kommt der Hotelgang noch dazu“, strahlt Ben.
Das Blatt mit der Aufschrift „nachwachsendes Hotelzimmer“ zieht momentan aber die meiste Aufmerksamkeit auf sich. Holz statt Metallschrauben, Gebrauchtes statt Neues – in sechs Zimmern setzt Ben bereits ausschließlich auf umweltfreundliche Materialien, die nachwachsen und wiederverwendbar sind. Der Kreislauf der Materialien steht im Fokus, ganz nach dem Cradle to Cradle-Prinzip. Das Hotelmotto „Gut schlafen können“ gilt hier gleich in doppelter Hinsicht, denn Nachhaltigkeit trifft auf Komfort. Helles Holz, schalldämpfende Teppiche aus Fischernetzen und Decken aus Stroh verleihen dem Raum Flair und ein gesundes Raumklima. In der Dusche steckt NASA-Technologie – sie spart 80 Prozent Energie und 90 Prozent Wasser. Nutze unbedingt das Kissenmenü, um zu wissen: Wie schläfst es sich auf Füllungen wie Wollkügelchen, Naturkautschukflocken, Seegras oder Bio-Dinkel?
Im Hotel der Kreisläufe greift Ben gerade stark das Thema Wasser auf. Im Meetingraum und im Recyclinggarten plätschert ein Wasserfall; vor der Lobby bahnt sich ein kleiner Bach seinen Weg. Manchmal muss er von den Algen befreit werden. Das sei Chefsache, erklärt Ben, die Hand voll Matsch und Algen. Hands on und handmade ist Teil der Philosophie im Hotel Luise. Vieles im Hotel macht er selbst oder gemeinsam mit dem Team. Wie die Einrichtung in der Lounge „Zimmer 20“. Es war eine schwere Zeit – insbesondere für Stadthotels wie das Hotel Luise. Meetings und Seminare fanden kaum statt, verlagern sich in die digitale Welt, noch dazu zog ein wichtiger Kunde fort. Die Überschwemmungen im Keller brachten das Fass im wahrsten Sinne zum Überlaufen. Aber ein visionärer Hotelier wie Ben steckt nicht den Kopf in den Sand, sondern teilt mutig seine Gedanken im Video „Das war 2020 aus Sicht eines Gastgebers“. Heute spürst du davon nichts mehr. „Es gibt zwar aktuell noch einen Investitionsstau, aber wir arbeiten tagtäglich an der Weiterentwicklung des Hotels und an vielen kleinen Besonderheiten für unsere Gäste.“ Das funktioniert nur eben nicht so schnell, wie der Hotelier sich das wünschen würde.
5 Sinne Check
Astronautenduschstrahl
Malz bei der Biermassage
Bayernfeige vom Obsthang
Summen im Mikrowald
Wall of Change
Heinzigartig, der große Meetingraum im Dachgeschoß, trägt den Namen von Bens Opa. Vieles hier erinnert noch an die ursprüngliche Wohnung seiner Großeltern, zum Beispiel ein paar künstlerische Bilder von der Oma und der große Teppich, der Geschichten aus so vielen Generationen der Familie erzählen könnte. Das Hotel Luise ist ein Ort, in dem Geschäftsleute, Seminarleiter*innen und Coaches ein und aus gehen. Räume für Austausch gibt es genug – vom Green Meeting Raum mit großer Außenterrasse bis hin zum Kofferraum, in dem alte Koffer künstlerisch in den Raum gestapelt wurden. Der wohl kleinste Meetingraum, den du je gesehen hast, befindet sich im Schrank von Bens Oma im Zimmer 20, das mittlerweile zu einer Get-together-Zone umgestaltet wurde. Den alten Schrank hat Ben aufgemöbelt und umfunktioniert. Wenn du keine Platzangst hast, ist das wirklich ein Erlebnis.
Allen Green Meeting Plätzen im Haus ist gemein, dass sie im Sinne der Müllvermeidung und Kreislaufwirtschaft konzipiert wurden. Viel Recycling, viel Upcycling – vor allem aber viel Raum für Inspiration, Ideen und Austausch. Um das Wohlbefinden zu fördern, nutzt Ben gerne biophiles Design, sprich natürliche Elemente. Das kann auf verschiedene Weise geschehen: Durch Materialien wie Holz oder Stein, durch viel Tageslicht, Pflanzen und Formen, die an Strukturen aus der Natur erinnern. Das alles sorgt für Erholung und Entspannung.
Des Hotel Luise ist ein change maker Hotel, weil...
... eine ganze Wall of Change beweist, wie viele Möglichkeiten es in einem Hotel gibt, nachhaltig zu sein. Das Hotel Luise ist eine außergewöhnliche Inpsirationsquelle und sein Boss Ben Förtsch sprudelt weiter vor Ideen.
Wenn du nach einer entspannten Nacht aufwachst, zwitschern bereits die Vögel und die Blätter rascheln im eigens angelegten Mikrowald vor deinem Zimmer. Ein Eichhörnchen ist auf Entdeckungstour. Nicht mehr lange, dann machen sich auch die Bienen fleißig ans Werk. Sie steuern den Honig zum Frühstücksbuffet bei; eine schöne Ergänzung zu den freundlichen, zuvorkommenden Mitarbeiter*innen im Haus. Gestärkt kannst du dann das Hotel erkunden. Den Recyclinghof im Kellergeschoss, wo du ausrangierte Besonderheiten findest, von der Brücke aus ehemaligen Dachbalken und Stahlträgern bis zum ausgedienten, mittlerweile bepflanzten Heizkessel. Hier kannst du dich wunderbar erden. Der Wasserfall plätschert und die grüne Fassade lässt nicht vermuten, dass du dich ganz nahe des Stadtzentrums befindest.
Mach Halt im Gut ruh’n Spa, benannt nach Bens Mama Gudrun. Im Spa kannst du Sauna, Dampfbad, Infrarot oder eine Massage genießen. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Biermassage? In der Bierregion Franken fast schon ein Muss. Weitblick über Erlangen bis zum Nürnberger Fernsehturm genießt du auf der Dachterrasse. Es summt und brummt im angelegten Garten, windstill entschleunigst du im Gartenhäuschen mit Blick auf den Baum am Dach. Ja, richtig gelesen. Über der Solaranlage thront im 5. Stock eine Bergkiefer mächtig über allem anderen. Sie wurde damals noch von Bens Vater Klaus per Kran auf das Dach verfrachtet. Als Krönung, Andenken und Vermächtnis, das wächst und gedeiht. Die kleine Terrasse über dem Sonnendeck kannst du übrigens auch für einen unvergesslichen Sundowner mieten. Sie bietet ein fulminantes Panorama über Erlangen.
A lot can be fixed with tape. But not everything, steht auf einer Illustration auf dem Weg zum Frühstücksraum. Hinter der Tür öffnet sich der Bereich für den kulinarischen Start in den Tag. Es duftet nach Kaffee, auf einem Schild liest du ein fröhliches Guten Morgen. Eine Mitarbeiterin verpflegt dich mit Getränken, gegen Aufpreis auch mit Spiegelei oder Omelett. Ansonsten findest du alles am Buffet – von knusprigen Croissants über Bio-Schinken, eine feine Käseauswahl, vegane Produkte, gekochte Eier, Rührei, Falafel, Joghurt und verschiedene Obst- sowie Gemüsesorten bis hin zur Tageszeitung. Fast alles bio, regional oder fairtrade. Blickst du um die Ecke in Richtung Recyclinggarten, entdeckst du ein lauschiges Gewächshaus, das sechs Personen Raum für Gespräche und Genuss bietet.
Lebensmittelabfälle gibt es kaum. Etwa 5 Gramm sind es pro Gast im Durchschnitt, das wurde für einen Zeitraum gewogen und analysiert. Wenn etwas vom Buffet übrig bleibt, wird es aufgeteilt im Team. Manchmal nimmt auch der Hotelier selbst etwas mit nach Hause. Demnächst ist eine große Untersuchungsstudie zum Thema „Besser.Essen“ geplant, verrät Ben: „Gemeinsam mit einer Hochschule untersuchen wir, wie wir den Gast dazu bringen, sich am Buffet für die gesündere und nachhaltigere Variante zu entscheiden, ohne dass man ihn zwingt. Das wird ein richtiges Testlabor.“
Das Hotel Luise liegt am Rande des Stadtzentrums von Erlangen. Zu Fuß bist du innerhalb von 15 Minuten im botanischen Schlossgarten und staunst über die viele Natur inmitten der schönen Altstadt mit gemütlichen Cafés und Restaurants und architektonischen Besonderheiten. Kein Wunder, Erlangen gilt als eine der besterhaltenen barocken Planstädte Deutschlands. Die Metropolregion Erlangen, Nürnberg und Fürth nahe der Fränkische Schweiz bietet Wanderwege, mittelalterliche Burgen und Schlösser und sogar Höhlen. Ein besonderes Highlight ist der Fünf-Seidla-Steig, bei dem du fünf Brauereien und die lokalen fränkischen Bierspezialitäten kennenlernst.
Wenn Ben gerade mal nicht im Hotel ist, ist er als passionierter Fotograf unterwegs. Mal in luftiger Höhe auf einem Windrad, mal in der Stadt, mal im Wald – das variiert je nach Auftrag, Lust und Laune. Er hat ein Gespür für Setting, Stimmung und Komposition. Diese kreative Ader spiegelt sich auch im Hotel, wo so manche Kunstwerke von ihm hängen. Da findest du einen ausrangierten, mit allerhand gefüllten iMac, bemalte Bilder, Fotografien. „Ich habe 1000 Ideen im Kopf“, erzählt Ben: „Nur habe ich meistens mehr Ideen, als sich umsetzen lassen.“ Ben Förtsch hat noch Großes vor, viele Visionen warten darauf, aus der Schublade in die Realität gehoben zu werden. Bloß kein Stillstand. Die Welt rettet sich schließlich nicht von allein.
Hotel Luise
92 Einzel- und Doppelzimmer ab 105 Euro p.P. pro Nacht
klimapositives Hotel mit
"nachwachsenden" Cradle-to-Cradle Zimmer
zentrale und ruhige Lage
gut mit Öffis erreichbar
Spa und Fitness
Lounge, Mikrowald, Rooftop
Leihräder