Boris Frei und Christiane Kaufmann - Design Hotel Tyrol
Karin Wasner
Rabland

“Hotel ist mein Spielplatz”: Boris Frei – Design Hotel Tyrol

Interview • Locationtipps

Boris Frei ist Jurist, Mountainbiker und vor allem Hotelier aus Überzeugung. Im Design Hotel Tyrol bei Meran denkt er Urlaub neu: mit Null-Kilometer-Gemüse, vegetarischem Freitag, Bike-Trails für alle und einem klimatisierten „Nichtschwimmerbecken“ für sein Team. Wie er Skypool und Schraubenschlüssel zusammenfügt, erzählt er hier.

Karin Wasner

Zwei Wochen, nachdem seine Eltern das Hotel 1980 eröffneten, kam Boris auf die Welt. Gastgeben liegt ihm im Blut. Die Oma führte in den 50er-Jahren im nahen Schenna eine Frühstückspension; sie warb damals mit „fließend Wasser“. Seine Eltern Frieda und Helmuth betrieben später ihr Hotel in Rabland als Komfort- und Sporthotel und beherbergten Sportstars wie Uli Hoeneß, Toni Polster oder Skirennläuferin Annemarie Moser-Pröll. 

Boris Frei geht raus in die Welt, studiert Jus. Mit dem “dott. Iur.” in der Tasche kommt er 2010 zurück ins Dorf, übernimmt dann 2014 das Hotel von seinen Eltern, die ihm komplett freie Hand lassen. Boris’ Frau Christiane, studierte Betriebswirtin mit Stationen bei einer internationalen Automarke und der Berliner Fashion Week, tauscht Mode gegen Design und folgt Boris 2017 nach Südtirol. Da hat Boris das Hotel bereits dreimal umgebaut. Gemeinsam machen sie daraus ein Hotel, das mehr kann als schön schlafen: mit Dachgarten, vegetarischem Freitag, Teamhaus mit Billardzimmer und Null-Kilometer-Gemüse vom Partschinser Marktplatz.

Design Hotel Tyrol – Dorfacker trifft Dachpool im Vinschgau

Im Tal der Apfelgärten haben Boris Frei und Christiane Kaufmann mit ihrem Blick für Design und ihrer Leidenschaft fürs Biken einen Ort geschaffen, an dem du zwischen Skypool und Gemüsegarten schon einmal über eine weiße Giraffe stolperst.

Boris, du führst das Hotel mit deiner Frau Christiane, eure Kinder wachsen hier auf. Was bedeutet das Hotel für dich?

In meiner Kindheit war es mein Spielplatz, in meiner Jugend ein Arbeitsplatz und heute ist es mein Leben – und wieder mein Spielplatz. Jetzt auch der meiner Kinder.

Dann erzähl uns bitte, womit spielst du am liebsten?

Mit der stetigen Veränderung. Oder besser: der Verbesserung. Wir arbeiten jeden Tag dran, einen noch schöneren Ort zu schaffen, unser Team glücklich zu machen, die Region noch mehr an Bord zu holen. 

Es ist viel passiert, seit du 2014 das Hotel von deinen Eltern übernommen hast. Was hat dich zu dem Change im Haus veranlasst?

Ich wollte ein Hotel schaffen, in dem ich mich wohlfühle. Christiane und mir ist ein guter Vibe und ganz viel Harmonie in unserem Umfeld wichtig. Wir wollen Menschen um uns, die unsere Werte teilen. 

Welche Werte sind das, was treibt euch an? 

Ein Hotel produziert viel Scheiß, den keiner braucht: Müll, Abwasser, Verkehr. Wir wollen unser Impact auf die Welt möglichst geringhalten und das Hotel enkeltauglich machen: Emissionen und Verbräuche stetig senken, einen guten Ort gestalten, ein Miteinander. Hier sollen nicht nur Gäste von weit her gern reinkommen, sondern auch Leute aus dem Ort. 

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Design Hotel Tirol Pool und Poolbar Berge Landschaft in Südtirol
Karin Wasner
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Design Hotel Tirol Pool Drinks
Karin Wasner

Was hast du als Erstes geändert und warum?

Die Beleuchtung in der Küche. Das Küchenteam stand neun Stunden unter Neonleuchten, das wollte ich ihnen nicht mehr zumuten! Später wurde noch umfassender renoviert, die Einrichtung konnten wir zum Glück größtenteils wiederverwenden. Wir installierten eine Akustikdecke – dieselbe wie im Speisesaal. Und eine Klimaanlage, noch bevor irgendwo anders eine in Betrieb ging. Christiane hat der Küche dann noch eine türkise Wand verpasst, seitdem nennen wir sie unser „Nichtschwimmerbecken“.

Deine erste Investition war also in die Mitarbeitenden?

Ja, denn sie sind die Seele und das Herz des Hauses. Wie sollen sich Gäste gut fühlen, wenn Menschen mit einem Gesicht wie sieben Tage Regenwetter durchs Haus schleichen?

Was wünscht du dir von deinem Team?

Es soll die Arbeit gern machen. Wir sind Fans von Quereinsteiger*innen, Multitalenten, dem „Schweizer Taschenmesser“ – vielfältig interessiert und begeistert. Vielleicht weil ich selbst so bin. Ich baue morgens das Holzplateau für den Whirlpool, dann setze ich mich ins Büro und programmiere die Haussteuerung und am Nachmittag fische ich mit dem Kescher die Blätter aus dem Pool.

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Design Hotel Tyrol Skypool
Design Hotel Tyrol
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Design Hotel Tyrol Bar Typ Hund
Buero Ludwina

Was tut ihr für ein gutes Arbeitsklima?

Wir arbeiten auf Augenhöhe, als Team, in dem jeder seine Aufgabe hat. Letztes Jahr haben wir ein Teamhaus gekauft und modernisiert. Neue Zimmer, ein Gemeinschaftsgarten, Gym, Billardzimmer und eine Wohnküche als Gemeinschaftsraum – den können unsere Gäste auch als Co-Working-Space nutzen.

Ihr gestaltet und plant das Hotel nach euren Vorstellungen, seit jetzt ein zertifiziertes Bikehotel. Worauf seid ihr besonders stolz?

Das neue Badehaus mit Poolbar und Yogaraum und der Dachgarten mit dem Skypool waren mit dem großen Bikedepot sicher die größten Veränderungen. Und dass wir das ganze Haus energietechnisch so gut aufstellen konnten.

Was habt ihr beim Thema Energie umsetzen können?

Aktuell sind drei Wärmepumpen in Betrieb, eine weitere wird 2026 folgen. In 80 Prozent unseres Hauses besteht eine Flächenheizung; in diesen Bereichen können wir mit sehr niedriger Vorlauftemperatur heizen. Der Strom kommt emissionsfrei vom gemeindeeigenen Wasserkraftwerk und wird nächstes Jahr mit einer 55kWp-Photovoltaik-Anlage ergänzt. 

Gab es Aha-Momente? Hast du Tipps für andere, was bei euch ein Game-Changer war?

Ein Meilenstein waren die UV-Beschichtungen, die das Aufheizen der Zimmer verhindern und 40 Prozent Kühlungsenergie sparen. Ein Kältetechniker aus dem Ort mit enormem Wissen hat mich auf die Idee gebracht, die Abwärme der Kühlgeräte in der Küche zur Gewinnung von Warmwasser zu nutzen. Damit heizen wir außerdem das Hallenbad. Das ist wie ein kleines Perpetuum Mobile – keine Energie geht verloren!

Change Maker Hotel Design Hotel Tyrol Fassade quer
Design Hotel Tyrol

Papier und Amenities habt ihr längst aus den Zimmern verbannt, die Minibars nicht. Braucht es die wirklich?

Es ist absurd, aber sie sind eines der Einstufungskriterien bei der Hotelklassifizierung für vier Sterne. Die wurden in den 1980ern entwickelt! Die Minibar steht da genauso drin wie das Selbstwahltelefon und der Fernseher. Was nicht drinsteht sind z. B. Wlan, Sauna, Schwimmbad oder Klimaanlage, die den Gästen aber mit Sicherheit mehr am Herzen liegen, als ein Telefon!

Gibt es andere Leistungen, die der Gast verlangt, die dir Bauchweh bereiten?

Die Orangensaftmaschine und Avocados beim Frühstücksbuffet. Zitrusfrüchte wachsen bei uns nun mal nicht ganzjährig am Bio-Bauernhof. Bei Cornflakes hat die Packung wahrscheinlich mehr Vitamine, als das, was drin ist. Wir bieten dazu Alternativen an, wie Porridges und frisches Gemüse. Viele unserer Gäste greifen dann ohnehin lieber zu gesunden Dingen.

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Design Hotel Tirol Frühstück
Karin Wasner
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Design Hotel Tirol Frühstück
Karin Wasner

Ihr habt beschlossen, entzündungshemmende Gerichte besonders zu kennzeichnen, warum ist euch gesundes Essen ein Anliegen?

Ich glaube an den Multiplikatoreffekt eines Hotels. Wenn unsere Gäste hier was Positives erleben – zum Beispiel E-Bike-Touren, Yoga am Morgen, Pilates mit Rudi oder eben ein tolles, gesundes Essen – und merken, wie gut ihnen das tut, dann nehmen sie das mit nach Hause. 

Der Freitag ist rein vegetarisch. Gibt es da keine Proteste von „Fleischtigern“?

Doch, und die können dann Fleisch beim Hauptgang dazu bestellen. Aber das kommt gar nicht so oft vor. Wir schaffen Bewusstsein und zeigen vor, wie gut und einfach bewussterer Fleischkonsum umzusetzen ist. Fleisch ist ein extrem ressourcenintensives Produkt. Deshalb verarbeiten wir auch immer das ganze Tier From-Nose-to-Tail.

Zweimal wöchentlich serviert ihr euer „R30“-Menü – was ist das?

An diesen Abenden werden ausschließlich lokale Produkte aus einem Umkreis von maximal 30 Kilometern verwendet! 

Respekt! Ist das nicht schwierig, vor allem im Winter?

Schwierig ist vor allem, immer zu wissen, welcher unserer Bauern und Landwirtinnen gerade welche Produkte anbieten. Aber unser Küchenteam rund um Lukas macht das schon!

Change Maker Hotel Design Hotel Tyrol Food quer

Habt ihr deshalb den "partschINSER marktplatz" angeregt? Wie funktioniert das?

„Inser“ ist Südtiroler Dialekt für „unser“. Gemeinsam mit unserem Tourismusverein Partschins konnten wir diese Plattform ins Leben rufen. Jetzt können sich alle Gastrobetriebe im Ort schnell einen Überblick über alle aktuell beziehbaren Produkte lokaler Produzent*innen verschaffen. 

Also eine Maßnahme, die der Region zugutekommt und dazu führt, dass vielleicht mehr Betriebe lokaler einkaufen – und damit nachhaltiger?

Hoffentlich! Es fördert jedenfalls den Austausch unter den Akteur*innen, die Sichtbarkeit unserer Bäuerinnen und Landwirte und ihrer tollen Ab-Hof-Produkte.

Der Begriff Nachhaltigkeit wird deiner Meinung nach zu oft strapaziert. Was verstehst du darunter?

Es wird zu viel über CO2 geredet; die soziale Verantwortung kommt selten vor. Das betrifft vor allem unseren Umgang mit den Mitarbeitenden. Aber wir als Hotel sind auch verantwortlich, möglichst viele Leute in die Wertschöpfungskette zu integrieren. Das hört nicht bei der Haustür auf, das sind Lieferant*innen, Handwerksbetriebe, Taxiunternehmen, Lokale, Geschäfte oder Almen. Ich muss nicht alles selbst machen, sondern kann auch die anderen leben lassen. Ich habe Einfluss darauf, wie meine Gäste Urlaub machen.

Wie könnte dieser Urlaub aussehen, von dem die Vielen profitieren?

Unsere Gäste haben hier ihre Base, aber sie wollen rausgehen und die Gegend erleben. Die Menschen kennenlernen, die hier Großartiges schaffen. Zu der Bäuerin wandern, wo ihre Frühstückseier herkommen. Nach dem Biken beim Apfelbauern im Buschenschank sitzen, mal im Wirtshaus essen und schauen, was die dort so aufkochen. Wenn Gäste mit Jause ausrücken und um 15 Uhr wieder am Kuchenbuffet stehen, werden sie bald von einer leeren Alm zur nächsten wandern. Und umgekehrt: Jeder und jede soll kommen, einen Cocktail an der Bar trinken, im Spa entspannen oder hier Yogakurse machen. Ich sehe mich als Dorfbewohner, ich will hier keine Enklave schaffen.

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Design Hotel Tyrol Yoga
Karin Wasner
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Design Hotel Tirol Studio 40a
Karin Wasner

Du hast dich die letzten Jahre für die Gestaltung von Biketrails in der Region engagiert, ist das deine Art zu sagen: „Los, raus hier!“

Biken ist eine geniale Art, die Natur zu entdecken und meine große Leidenschaft – das ist also nicht nur selbstlos. Aber es ist etwas, von dem Gäste und Einheimische gemeinsam profitieren. Wir, die hier leben, sogar 365 Tage im Jahr und nicht nur eine Urlaubswoche! 

Dein Kopf ist voller Ideen, die der Region gelten. Gibt es ein nächstes Herzensprojekt?

Urban farming! Ich möchte ein Pilotprojekt in der Gemeinde starten. Die Idee dahinter: Null-Kilometer-Gemüse, das direkt vor der Tür wächst, für alle! Ein Dorfacker an dem viele gemeinsam arbeiten, sich kennenlernen, austauschen, voneinander lernen. Nicht alle haben Zugang zu einem Garten und Eltern, die einem das beibringen. Gibt es etwas Schöneres, als mit den Händen in der Erde neue Freunde zu finden?!

Was denkst du, wie wird sich der Tourismus entwickeln. Wie urlauben wir 2050?

Ich hoffe weniger, dafür länger und hoffentlich entspannter. Ein verlängertes Wochenende ist für mich oft sinnfrei. Ich brauche zwei Tage, bis ich überhaupt verstehe, dass ich im Urlaub bin. Ich kann dann ein Foto posten, wo ich jetzt schon wieder bin, das ist aber nur für andere. Für mich selber wäre es erholsamer, ich bleibe zu Hause und chille mal, anstatt drei Stunden im Stau zu stehen, nur um zu sagen: „Ich komme viel herum.“

Hier bekommst du jede Menge achtsame Tipps für Reisen –
und ein gutes Gefühl für deinen nächsten Urlaub. 

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Was wird in Zukunft wichtiger werden, als es vielleicht heute ist?

Traurigerweise vielleicht das Thema Sicherheit. Dass dein Resort nicht mit Maschinengewehren gesichert werden muss und dass außerhalb der abgesteckten „Urlaubszone“ gastfreundliche Menschen auf dich warten, die sich freuen, dass du da bist.

Wenn du dir etwas wünschen dürftest, wie soll es werden? Optimismus zum Schluss!

Ich hoffe, dass nachhaltiges Agieren bald so selbstverständlich ist, wie heute „fließend Wasser“. Meine Oma konnte sich das noch stolz auf die Werbetafel schreiben, heute ist es Standard. So soll es uns einmal mit dem enkeltauglichen Wirtschaften gehen, auf das wir heute stolz sind!
 

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