Der Steineggerhof hat sich von einem Ausflugsziel für Reisebusse zu Südtirols Vorreiter für vegane Küche gewandelt. Erfahre mehr über die nachhaltigen Veränderungen und die spannende Geschichte der Familie Resch, die das Hotel seit über 50 Jahren führt. Doch was hat sie dazu bewegt, alles auf den Kopf zu stellen?
Zuerst Ausflugsziel für Reisebusse, dann Top-Adresse für hartgesottene Biker und schlussendlich Südtirols Pionierbetrieb für vegane Küche: Die Geschichte des heutigen Bio- und Bikehotels im ruhigen Ort Steinegg ist so bunt wie die Familie, die es seit über 50 Jahren führt. Wir erwischen Hotelchef Kurt Resch, selbst Mountainbike-Guide und Early-morning-Skitourengeher, in einer seiner raren Pausen von der Gartenarbeit. Zusammen mit Tochter Lisa, Triebfeder für Marketing, Social Media und die veganen Kochbücher, erzählt er von der 180-Grad-Wende im Hotel, von schlauen Investitionen und warum es manchmal auch Sesam sein darf.
Kurt, du bist hier im Hotel aufgewachsen genauso wie deine Tochter Lisa. Wie hat sich der Steineggerhof im Laufe dieser Jahre verändert?
Kurt: In der Küche hat sich am meisten getan. Als ich anfing, hatten wir noch nicht mal einen Kühlschrank – saisonal und regional zu kaufen war also selbstverständlich, weil es gar nicht anders ging. Da im Laufe der Zeit immer mehr Ausflugsbusse zu uns kamen, konnten wir das Kontingent auf unsere Weise nicht mehr schaffen und mussten auf Dosenfutter umsteigen. Das hat mir nie gepasst, aber uns blieb nichts anderes übrig. Bei meiner Ausbildung in der Hotelfachschule Ende der 80er Jahre lernten wir dann viel von Eckart Mandler, ein Vorreiter in Sachen Bio. Er hatte eine Vielfalt an Kräutern, Gemüse und Obstbäumen in seiner eignen Pension und zeigte uns, wie man selbst Zutaten anbaut und mit ihnen kocht. Er kaufte kaum etwas dazu. Da wusste ich: genauso will ich es auch machen!
Erzählt uns vom Change hin zum Steineggerhof!
Kurt: Im Jahr 1995 machten wir beim Umweltsiegel Tirol-Südtirol mit. Danach waren Änderungen ein Muss. Neue, isolierende Fenster zum Beispiel oder eine Solaranlage. Mein Vater meinte, für das Geld könnten wir stattdessen ja 15 Jahre Öl für die Heizung kaufen. Aber so etwas ist immer eine Investition, die schneller aufgeht als man glaubt. Die Solaranlage hat bis jetzt fast eine Million Kilowatt Strom produziert und spart uns ungefähr 6000 Euro Stromkosten pro Jahr. 2008 kam eine Photovoltaikanlage hinzu und wir stellten auf Pellets um. Die Pellets sind Abfälle der Sägewerke hier in Südtirol. Mit den Kindern kamen dann immer mehr Veränderungen dazu.
Lisa: Als meine Schwester Natalie beschloss, als Köchin in den Betrieb zu kommen, stellte sie eine Bedingung: Nur, wenn Papa wieder zurück in die Küche kommt.
Kurt: Ich war aber kreativ ausgebrannt, hatte keine Lust mehr darauf. Doch meine Töchter wollten alles anders machen, sich auf pflanzliche Küche konzentrieren und das hat mich motiviert. Nach neun Jahren kehrte ich 2018 wieder in der Küche zurück.
War das Moment, an dem euch klar wurde, dass ihr von nun an alles anders machen wollt?
Kurt: Ja, und auch unser Urlaub in Mexiko im selben Jahr. Meine Frau Sonja und ich sahen dort, wie viel Müll sich auf den Stränden und sogar im Meer befindet. Wir waren uns einig: So wollen wir nicht mehr reisen und so wollen wir als Hoteliers nicht sein – wir werden uns ändern. Im selben Jahr traten wir den Biohotels bei und machten die erste CO2-Zertifizierung.
Lisa: Als mein Bruder Thomas mit 13 beschloss, Vegetarier zu werden, merkten wir erstmals, wie schwierig es ist, sich in der Region fleischlos zu ernähren. Und wir wollten daran etwas ändern. Ich bin etwas später Veganerin geworden und wir beschlossen, die Küche großteils auf pflanzlich umzustellen. Bei den Lebensmitteln senkte diese Veränderung unseren CO2-Ausstoß um 50 %.
Kurt: Wir ließen auch das Salatbuffet weg, die Verschwendung dabei ist nämlich gewaltig. Vieles wird schlecht, weil es nicht lange hält oder nicht mehr schön aussieht. Zu uns kommen sportliche Menschen, die sich immer Berge Salat auf den Teller packten, dann aber viel vom restlichen Menü überließen. Früher kam dadurch eine große Wanne mit Abfall zusammen, jetzt bleibt nur eine Handvoll übrig.
Wie haben die Leute reagiert?
Lisa: Die Umstellung auf vegan war kaum mit Feedback verbunden, dafür aber die Umstellung auf Bio. Da hat man uns in der Region sogar belächelt. Vielen ist ja gar nicht bewusst, worum es bei Bio überhaupt geht, und einige dachten, es gäbe nur noch Salat. Unser Learning: Veganes Essen zieht Menschen an, bio schreckt eher ab. Früher hatten wir viele, meist männliche Motorradfahrer bei uns, von einem bekamen wir sogar eine lange, aufgebrachte E-Mail. Wir sollen wieder kalorienreichere Hausmannskost kochen anstatt Grünzeug. Sowas nehmen wir aber nicht mehr persönlich. Wir haben stark gemerkt, dass viele nicht ausreichend informiert sind über Nachhaltigkeitsthemen wie bio und vegan. Und viele wollen sich auch nicht informieren. Das sind aber eben nicht die offenen Gäste, die wir heute anziehen wollen. Dafür sagen andere Gäste, sie haben daheim einen veganen Tag eingeführt, weil sie es bei uns gesehen haben. Das freut uns umso mehr.
Schränkt so ein Bio-Zertifikat sehr ein?
Kurt: Klar. Es gäbe viele Bauernhöfe in der Region von denen wir wissen, dass sie laut den Bio-Richtlinien agieren, die aber nicht offiziell zertifiziert sind. Deren Produkte dürfen wir nicht kaufen.
Lisa: Unsere Region ist allerdings führend in regionalen Kreisläufen. Seit drei Jahren gibt es ein Projekt namens Eggental Taste Local: Bauernhöfe im Ort beliefern Betriebe im Ort. Wir können da leider nur bedingt mitmachen, da es lediglich eine zertifizierte Bio-Bäuerin gibt, die uns beliefern darf.
Ihr habt mittlerweile zwei Kochbücher rausgebracht. Wie kam es dazu?
Lisa: Wir entwickelten mit der Zeit so viele eigene Rezepte – einfach, weil wir mussten. Die Mengenangaben und die Zusammensetzung von Zutaten auf veganen Blogs waren nicht geeignet für die Hotelküche. Daher haben wir in der Schließungsphase 2020 am ersten Kochbuch gearbeitet. Was eigentlich nur ein paar Rezepte sein sollten, wurde schlussendlich ein dickes Buch, von dem wir auf Anhieb 1000 Stück verkauften. Wir setzten da absichtlich nicht auf große Verlage, wollten kein Riesengeld machen, sondern eine Inspiration für Gäste und Kochpersonal schaffen und in der Gestaltung so frei wie möglich sein. Jetzt ist schon das dritte Kochbuch geplant: wir haben schon über 50 neue Rezepte.
Liebe Lisa, lieber Kurt: Wie definiert ihr Nachhaltigkeit?
Lisa: Die Natur in jede Entscheidung miteinzubeziehen und an erste Stelle zu setzen. Wenn es für die Natur keinen Sinn macht, macht es für uns auch nur bedingt Sinn.
Kurt: Es bedeutet aber auch, manchmal kleine Kompromisse einzugehen. Wir verwenden beispielsweise Sesam, der von weit herkommt, weil er für einige Gerichte wichtig ist. Ein Kompromiss wäre auch zu sagen, ernährt euch vegan, esst aber einmal die Woche Fleisch. Damit bewirkt man mehr, als mit Druck, aus allen Menschen Veganer*innen machen zu wollen. Gerade in der Küche darf man sich nicht zu sehr einschränken. Da ist es besser, ein Mittelmaß finden, das für einen Sinn macht.
Was meint ihr: Kann ein Hotel tatsächlich zu einer besseren Zukunft beitragen?
Lisa: Ja. Sogar wenn man als Einzelperson etwas Gutes tut, ist es immer noch besser, als wenn man gar nichts tut. Als Mittel- oder Großbetrieb hat man viel Einfluss darauf, die Klimabilanz zu optimieren, Gäste zu sensibilisieren, zu inspirieren. Das bringt etwas ins Rollen.
Wie wird sich der Tourismus in den kommenden Jahren verändern, was macht euch Sorgen und was gibt Hoffnung?
Kurt: Ich lese gerne Reports vom Kriminalbiologen Mark Benecke, der Klimafakten gut auf den Punkt bringt – zum Beispiel, wie die Temperaturen in den Ländern des Südens stetig ansteigen und was das bewirkt. Um das Klima mache ich mir am meisten Sorgen.
Lisa: Ich würde mir erhoffen, dass es weg vom „immer mehr und immer größer“ geht. Bei uns in Südtirol werden Tourismusbetriebe immer größer, stocken Betten auf… Mitarbeiter fehlen, die Auslastung ist nie bei 100 %, das alles hat keinen Mehrwert. Warum sollte man noch mehr Natur verbauen, noch mehr Ressourcen verbrauchen, wenn man das gar nicht muss? Wir haben seit 1995 die gleiche Anzahl an Betten, und es funktioniert auch.
Welche Schritte habt ihr konkret unternommen, um etwas positiv zu verändern?
Kurt: Neben unserem 100-%-bio-Konzept, dem Fokus auf vegan und der Nose-to-tail-Küche zählen die Investitionen in saubere Energie zu den größten Schritten. Solaranlage, Photovoltaikanlage, Pelletsheizung und die Ladestation für Elektroautos. Schon länger verwenden wir ausschließlich Naturkosmetik, ökologische Reinigungsmittel und Recyclingpapier. Wir haben viele Holzmöbel im Haus, die mein Vater damals selbst gemacht hat. Aber auch die Sensibilisierung der Gäste durch den engen persönlichen Kontakt ist wichtig, genauso wie Vergünstigungen bei öffentlicher Anreise.
Zum Schluss: Was sind eure größten Wünsche an die Zukunft?
Lisa: Viele nette Gäste (lacht).
Kurt: Ich würde mir mehr Bewusstsein von Hotellerie, Gastronomie, Handwerkern und der Baubranche wünschen. Beim Umbau unseres Gartens haben wir kürzlich Dinge wie Nylonsäcke ausgegraben, die vor 40 Jahren einfach in die Erde geworfen wurden. Und das wird heute auf Baustellen nach wie vor so gemacht – aus den Augen, aus dem Sinn. Ich wünsche mir, dass Leute erkennen, was in Zukunft alles passieren wird, wenn wir uns nicht ändern.
Lisa: Es wäre toll, wenn all die Maßnahmen, die wir uns hier im Hotel setzen bald die Norm und nichts Besonderes sind.
Kurt: Dass auf Produkten einmal steht „das ist NICHT bio“, weil Bio der Maßstab ist.
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