Change Maker Hotel Leitlhof Stephan und Evelin Mühlmann
© Franziska Unterholzner
San Candido

Stephan Mühlmann – Naturhotel Leitlhof

Interview • Locationtipps

Stephan Mühlmann führt das Naturhotel Leitlhof und die Landwirtschaft Mühlhof. Der leidenschaftliche Tüftler in Sachen Klimaschutz erklärt im Change Maker Interview, wieso sein Nachhaltigkeitsweg im Spa begann, warum ihm ein Stromausfall im Pustertal viel Applaus einbrachte und was Sustainability und Spitzensport gemeinsam haben…

Johanna Paulus-Jenner

Die Idee vom eigenen Holzheizkraftwerk für das Naturhotel Leitlhof schwirrte Stephan Mühlmann schon lange als Vision im Kopf herum. Mit viel Geduld, Innovationsgeist und Hirnschmalz brachte er die bislang technologisch noch nicht so ausgereifte Anlage zum Laufen. Heute gilt das Kraftwerk als Vorzeigeprojekt und wichtiger Meilenstein in der Nachhaltigkeitsstrategie des Hotels und veränderte auch das Leben des Gastgebers. Mit dem Bau ging nämlich das familiengeführte Hotel von den Seniorchefs Robert und Agnes an ihren Sohn Stephan und seine Frau Evelin über.

Wenn sich der dreifache Papa nicht gerade um seine Kinder kümmert, im Wald Holz für das Kraftwerk schlägert, im Hotel oder am Mühlhof mit Biobauernhof und eigener Rinderzucht nach dem Rechten schaut, findest du ihn vermutlich bei seinem „lodernden Herzstück“. Für das Change Maker Interview lässt er uns in die „Leitlgedanken“ blicken und schaut noch weiter in die Zukunft.

 

Stephan Mühlmanns Leitlmotiv

Gratuliere, der Leitlhof ist nun ein „Change Maker Hotel“. Kannst du dich noch an den Moment erinnern, an dem du gesagt hast: „Ich trau’ mich und verändere etwas …“?

Ja, das war im Jahr 2011, als wir unsere Wellnessanlage ausbauen wollten. Die Kosten für das Außenbecken waren unglaublich hoch. Da fing ich an, nach Lösungen zu suchen. Zu dieser Zeit studierte ich in Graz und setzte mich viel mit dem Thema „nachhaltige Ressourcen“ auseinander. So stieß ich auf die junge und noch eher seltene Art der Bioenergienutzung, die „Holzgastechnologie“.

Naturhotel Leitlhof: Energieautark Wellnessen

Beinahe wäre der Leitlhof an Investoren verkauft worden. Doch dann hat Familie Mühlmann den einstigen Bauernhof übernommen und zu einem der ersten energieautarken Häuser der Welt gemacht. Hier gibt die Natur den Ton an und sorgt beim Wellnessurlaub in Südtirol für Gänsehautfeeling und gutes Gewissen.

Erklär uns bitte ganz kurz, wie so eine Holzgasanlage funktioniert…

Im Holzvergaser entsteht durch die Pyrolyse ein Gas, das einem Verbrennungsmotor zugeführt wird. Dieser Motor treibt einen Generator an, der Strom produziert. Die Kühlung des Motors und auch die Kühlung des Vergasungsprozesses ist gleichzeitig die Wärmequelle. Heizung und Warmwasser für das Hotel stammen somit aus der Kühlung der Anlage. Das Abfallprodukt ist Holzkohlestaub, der zum Düngen verwendet werden kann. Die Kohlenstoffverbindungen in der Holzkohle haben die sehr positive Eigenschaft, Ammoniak zu binden.

Mit dieser Anlage seid ihr seither Selbstversorger, produziert euren eigenen Strom und Wärme. War dieser „Change“ auch eine Mutprobe?

Es sprach alles dafür: Wir hatten genug Platz, einen eigenen Wald und somit ausreichend Rohstoff, großes Interesse am nachhaltigen Lebensstil – und natürlich auch Mut. Denn so eine Anlage war Neuland. Auch meine Eltern waren anfangs skeptisch. Am 31.12.2012 starteten wir mit der Anlage ins Neue Jahr.

Und, war das Glück auf eurer Seite?

Nun, es dauerte zwei Jahre bis alles so funktionierte, wie wir es wollten. Aber wir bekamen von Anfang an Rückenwind – von außen. Viele Menschen kamen, um die Anlage zu besichtigen. Seither gibt es jeden Mittwoch eine Führung zu unserem Herzstück des Hauses.

Wie hast du schließlich deine Eltern überzeugt?

Das war die Natur. Der Winter 2013 brachte unglaublich viel Schnee. Innichen und unsere Nachbarorte waren plötzlich abgeschnitten von der Außenwelt. Der Strom fiel aus und der ganze Ort war dunkel. Nur nicht der Leitlhof. Bei uns hat alles funktioniert.

Deine Eltern haben einst auch eine mutige Entscheidung getroffen: Sie waren Quereinsteiger in der Hotellerie…

Ja, sie wollten den „Ausverkauf der Heimat“ stoppen. Der Leitlhof hätte an Investoren gehen sollen. Dann kaufte ihn 1993 mein Vater. Seither liegen rund 20 Bauphasen hinter uns. Wir wollten langsam größer werden und uns gesund entwickeln. Heuer schließen wir vorerst die letzte größere Bauphase ab. Wir haben unsere Wellness-Anlage neu gebaut — in Panoramaposition. Das war nun eine große Investition aber auch da waren uns hochwertige Architektur und Natur-Materialien wichtig. Es soll bestehen bleiben, nachhaltig sein.

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Stephan Mühlmann vom Leitlhof mit Holz
bureau Rabensteiner
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Change Maker Hotel Leitlhof Stephan Mühlmann im Kraftwerk
Bureau Rabensteiner

Mit der Wellness-Anlage hat alles angefangen. Seither ist viel passiert: ihr wurdet immer nachhaltiger und 2019 zum Naturhotel …

Die Holzgasanlage hat uns quasi „befeuert“. Mit dem Bau des Heizkraftwerks wurde nicht nur die Übergabe des Hotels von meinen Eltern an mich und meine Frau eingeleitet. Wir begannen dann auch eine CO2 Bilanz für unseren Betrieb zu erstellen, uns zu messen und zu kontrollieren – mit dem Ziel, immer besser zu werden.

Das klingt ja fast wie Spitzensport…

Viel Motivation dafür kam und kommt von unseren Gästen, die uns mitunter auch herausfordern. Es passiert immer wieder, dass sehr gut informierte Besucher sagen: „Also ihr nennt euch Naturhotel, jetzt zeigt mal her, wie gut ihr wirklich seid.…“ Mir macht es dann viel Freude, wenn sie am Ende beeindruckt sind (lacht).

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Und, wie gut seid ihr?

Neben unserem hauseigenen Kraftwerk haben wir eine eigene Wasserquelle und natürlich eine Photovoltaikanlage am Dach. Die Ressourcenschonung leben wir auch im täglichen Betrieb, haben etwa im Müllmanagement große Schritte gemacht. Unsere Produkte kommen entweder aus der eigenen Landwirtschaft oder aus der direkten Umgebung, Küchenabfälle werden in der Schweinezucht wieder verwertet. Unser Fleisch macht Null Kilometer, da wir nebenan Angusrinder im Stall züchten. Unser Motto für unser Hotel ist „schlicht und edel“. Bei uns gibt es kein Halligalli, keine Riesen-Events oder Inszenierungen als Instagram-Hotspot. Wir wollen ein Ruhepol sein. Wir haben schon viel erreicht, aber Ausruhen in Sachen Nachhaltigkeit und Naturschutz kommt nicht in Frage.

Wie würdest du die Leitlinien es Leitlhofs zusammenfassen?

Familiär, traditionsbewusst und zukunftsorientiert. Wir haben den Leitlhof der Natur gewidmet und setzen auf regionale Kreisläufe, lokale Materialien, saisonale Produkte, kurze Lieferwege und traditionelles Handwerk.

Und was ist deine Definition vom Wort „Nachhaltigkeit“?

Unser Hotel in Einklang mit Mensch und Natur zu betreiben sowie den Luxus eines Wellnessurlaubes für die Natur und Umwelt verträglich zu machen.

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Gourmetgericht auf einem Heuteller
c Mike Rabensteiner
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Stephan Mühlmann vom Leitlhof mit Angus Rind
Bureau Rabensteiner

Wie lebt ihr Nachhaltigkeit als Familie?

Ich habe viel von meinen Eltern an Bewusstsein mitbekommen. Die Sensibilität für die Natur ist mit unserem Hotel mitgewachsen. Auch unsere drei Kinder erleben, dass wir uns viele Gedanken machen, uns mit der Instandhaltung der Natur und Umweltschutz beschäftigen. Letztens waren wir in Sizilien auf Urlaub, da hat mein Sohn angefangen, den Strand und das Wasser von Müll zu befreien. Das hat mich gefreut zu sehen, dass unser Engagement abfärbt.

Wie beschreibst du dich selbst?

Als praktisch veranlagter Mensch. Ich lege gern Hand an, bin Landwirt und auch viel in unserem Wald. Dort bearbeite ich das Holz, welches in Hackschnitzel für das Heizkraftwerk verarbeitet wird. Meine Frau, unsere Kinder und ich beziehen gerade den Mühlhof. Für unser Wohnhaus habe ich jeden Holzbalken selber geschlagen. Das Anpacken macht mir Freude

Was planst du als nächstes?

Einen kleinen Hofladen auf unserem Bauernhof, den Mühlhof. Wir wollen dann auch die Stalltüren öffnen und unsere Rinderzucht herzeigen. Wir möchten, dass unsere Gäste sehen wo das Gemüse wächst, woher das Fleisch kommt und dass unsere Tiere ein gutes Leben haben. Das ist auch das, was wir an den Change Maker Hotels so toll finden: Gutes machen, darüber reden und andere dafür begeistern.

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