Change Maker Hotel Weiden Schladming Nadja Niederl
Hotel Weiden
Schladming

Hotel Weiden – Nadja Niederl im Interview

Interview • Locationtipps

TCM, Kräuterwissen, Selfness, Bauchentscheidungen: Das ist Nadja Niederl vom Mein Weiden. Warum sie Langeweile liebt und weshalb es für Gäste nicht immer alles zu jeder Zeit gibt, erzählt sie dir im Interview.

Petra Percher
1. Februar 2024

2007 haben Nadja und Georg den Rohrmooserhof von Georgs Eltern übernommen. Sie wollten für ihre Gäste von Anfang an weniger. Weniger Angebot, weniger To-Dos. Dafür mehr Qualität, mehr Langeweile und echtes Herunterkommen in der Natur.

2021 ging der alte Rohrmooserhof in Ruhestand und Nadja und Georg gestalteten mit ihrem Komplettumbau ihre Vision. Nadja Niederl ist die Expertin für Ernährung und Kräuter im Hotel. Ihre Kompetenz aus den Bereichen der TCM & TEM hat sie zur eigenen Selfness-Marke und Gesundheitslinie gemacht.

Wir sitzen auf deinem Lieblingsplatz. Warum magst du diesen Ort so?

Es ist die gemütliche Couch vor dem Hoteleingang. Wir möchten im Weiden das Gefühl des Wohnzimmers vermitteln. Das hier ist unser Wohnzimmer in der Natur. Draußen ist das neue Drinnen!

Hotel Weiden: Weniger ist mehr

Warum im Hotel Weiden in Schladming nicht jeden Tag alles verfügbar ist. Wieso die Niederls Langeweile so gut finden. Und wie Selfness zur Erholung beiträgt.

Wie kam es zu dem kompletten Umbau und der Neuausrichtung?

2007 haben wir das Hotel übernommen. 2017 haben wir ein Musterzimmer eingerichtet. Ganz nach unseren Vorstellungen. Als es fertig war, haben wir uns angeschaut und gewusst: Das ist es nicht. Zu normal, zu brav, zu vergleichbar. Also alles neu, da mussten wir uns drübertrauen. 

Was war der Knackpunkt für diesen Change?

Ein Punkt war sicher der Geburt unserer Tochter, die heute 14 ist. Sie ist ein Herzkind. Wir waren damals sehr viel im Krankenhaus. Durch diese privaten Umstände haben im Hotel die internen Abläufe so geändert, dass wir viel mehr Zeit mit unserer Tochter verbringen konnten. Und erkannt haben, was wirklich zählt im Leben. Wir wollten es uns so richten, dass wir genug Freiheit, Freizeit und Zeit mit unserem Kind haben. Dass wir alle gemeinsam glücklich sind. Und nicht immer im Hamsterrad laufen. Es war uns immer klar: Wenn wir einen Change wollen, müssen wir auch das Konzept ändern. Da ist der Groschen gefallen. Raus aus der Masse, rein in die Nische.

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Mein Weiden

Woran spürt der Weiden Gast diese Veränderung? 

Wir bieten dem Gast nicht ständig alles und zu jeder Zeit. Aber was wir bieten, ist immer in Top Qualität. Essen ist so ein Thema. Die klassische Halbpension gibt’s bei uns nicht mehr, wir machen Smart Kitchen. Jeden Tag gibt’s genug Köstliches. Vorspeise, Hauptspeise, Nachspeise. Aber es gibt nicht jeden Tag Fleisch auf der Karte. Das Essen wird nicht mehr serviert, es findet am Buffett statt. Das, was auf den Teller kommt, hat stammt aus der Region. Wir kochen alles selbst, verwenden keine Fertigprodukte. 

Gab es hier auch Gegenwind von den Gästen?

Einige haben sich diese Fülle beim Essen erwartet. Wir haben uns da nicht beirren lassen, haben versucht das charmant, aber auch konsequent den Gästen zu erklären. Wir erklären das auch auf der Website. Vor Ort sowieso. Wenn die Gäste das erlebt haben, kriegen wir nach zwei bis drei Tagen immer positives Feedback. Sie sind zum Beispiel dankbar, dass sie auf der Hütte einen Kaiserschmarrn essen und am Abend dann nicht das große Menü auf den Tisch kriegen.  Wir haben gelernt: Nach einer kurzen Lernphase sind die Gäste dankbar, wenn Sie weniger Angebot bekommen. Es nimmt ihnen viele Entscheidungen ab. Wir selbst und unsere Mitarbeiterinnen haben das Gefühl, das läuft alles entspannter ab. 

Euer Wellness-Angebot folgt ebenso dieser Logik?

Wir verstehen uns nicht als klassisches Wellnesshotel. Auch hier kommt das Feedback der Gäste: Vier Saunen und ein Pool reichen.  Dafür ergänzen wir das Angebot mit unserer Selfness. Da geht es um eine Auszeit für das Ich. Das sind zum Beispiel Yogawochen, TCM-Kurse, Kräuterseminare. 

Können Hotels damit ein gutes Vorbild sein?

Auf alle Fälle. Hotels sind super Plattformen für diese Themen. Das ist auch unser Ansatz. Je mehr die Gäste mit nach Hause nehmen können – außer das Saunahandtuch – desto besser. Du bist ja als Hotelier ein psychologischer Berater. Bist du für die Gäste da, erzählen sie dir sehr viel von ihrem Leben und ihren Problemen. Die Eigenverantwortung für Gesundheit mitgeben, das ist mein Ziel. Alles in kleinen Schritten. Ich kann mich ständig massieren lassen. Aber wenn ich mich selber nicht bewege, werde ich mein Kreuzweh nicht loswerden. 

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Das Hotel als Gesundheitsminister?

Ein bisschen schon. Wir lernen, dass Wissensvermittlung nicht nur über die Schule und das Elternhaus funktioniert. Und nie aufhört.

Was sind deine persönlichen Tipps an die Gäste?

Weniger ist mehr. Gilt für alles. Nimm dir weniger vor, sei dafür konsequent. Mach kleine Schritte, dafür viele. Starte mit einem warmen Frühstück in den Tag. Und bewege dich, auch wenn es nur Spazieren ist.  Viele Gäste sind ganz erleichtert, wenn sie das hören.

Was ist dein Lebensmotto?

Nicht immer alles planen. Ich liebe die Langeweile. Langeweile hält fast niemand mehr aus, das finde ich schade. Denn in der Stille fängt man an, sich zu erholen und kommt ganz von allein drauf, was man braucht oder gerade eben nicht braucht. Wenn es bei uns einmal zwei Stunden schneit, kommen die Gäste anfangs und sind ganz aufgeregt, weil sie nicht Schifahren können. Ich bin dann oft perplex und denk mir: Trinkts ein Glas Wein, redet’s miteinander, spielt’s eine Partie Uno. Nützt doch das, was grad ist. Und setzt nicht den Fokus darauf, was nicht ist.

Was unternimmst du heute für eine enkelgerechte Zukunft?

Wir haben uns bewusst entschieden, klein zu bleiben. Auch, um den Generationen nach uns noch Platz zu lassen. Sie sollen sich selbst verwirklichen und nicht etwas verwalten, das sie vielleicht gar nicht wollen. 

Visionär*innen