Nils am See: Portrait von Stefan Bayer und Lukas Lammel
c Karin Wasner
Weiden am See

Stefan Bayer und Lucas Lammel – Nils am See

Interview • Locationtipps

Stefan Bayer und Lucas Lammel lieben neue Projekte und noch mehr lieben sie die Gegend um den Neusiedlersee. Die beiden Bauherren haben viele Hürden überwunden, um mit dem Boutiquehotel Nils am See bei Energieeffizienz und Architektur Neues zu wagen. Das stylische Hideaway in Weiden am See spielt alle Stückerln, wenn es um Zukunftsbewusstsein und Nachhaltigkeit geht.

Karin Wasner

Der Neusiedlersee war für die zwei Wiener Stefan Bayer und Lucas Lammel immer schon zweite Heimat. Der Vater von Lucas war Surfer, mit ihm ist er schon als Kind jedes Wochenende hierher gefahren. „Eine ganz andere Welt, vor den Toren Wiens, das hat mich schon damals fasziniert.“ Stefan kam übers Segeln zum See. „Meine Schule hatte eine Segelgruppe, ich war 15 Jahre hier segeln“, erzählt er. Sogar den Segellehrer-Schein hat er hier gemacht.

Die beiden verbindet aber nicht nur die Liebe zum Burgenland, sondern auch das Business. Gemeinsam betreiben sie die Firma Sundeck Immobilien, mit der sie neben dem Boutiquehotel Nils am See in Weiden auch andere Immobilienprojekte und nicht unweit davon die Pension Louis von Weyden mit Café und Catering betreiben. Wenn es um Nachhaltigkeit geht, ist ihr Nils am See das Vorzeigeprojekt im Haus. Wie viel Geduld, Geld und Hirnschmalz in das smarte Hotel geflossen sind, erzählen sie im Interview.

Nils am See – grüner Ankerplatz am Neusiedlersee

Wo früher eine Pension aus den 60er Jahren Pensionsgäste begrüßte, steht heute ein modernes, innovatives Haus, das in punkto Nachhaltigkeit neue Wege geht. Am Ufer des Neusiedlersees ist das Boutiquehotel Nils am See ein Ort zum Runterkommen und Entschleunigen.

Der Hotelneubau im Naturschutzgebiet war umstritten, im Frühling ist der Anker gefallen und die Wogen haben sich geglättet. Sucht ihr die Herausforderung?

Lucas: Der Platz war einfach ideal für ein Hotel, das musste jemand machen, warum also nicht wir? Mitten im Seepark, direkter Zugang zum Strandbad, zwischen den beiden beliebten Restaurants Zur blauer Gans und dem Fritz – perfekter gehts nicht.

Stefan: Wir haben keine Natur oder öffentliche Fläche verbaut. Bis zum Baubeginn stand hier die Pension Seehaus. Anfangs gab es die Überlegungen zu renovieren. Leider war die Substanz so schlecht, dass wir sie abreißen lassen mussten.

Im Oktober 2021 war Spatenstich, nur eineinhalb Jahre später haben die ersten Gäste eingecheckt. Ihr macht Nägel mit Köpfen?

Stefan: Die Bauarbeiten waren das harmloseste! 2014 haben wir begonnen, sämtliche Genehmigungen einzuholen. In dem sensiblen Unesco-Weltkulturerbe-Gebiet musste das Projekt auch vom Welterbe-Beirat abgenommen werden.

Lucas: Dabei ging es hauptsächlich um die Landschaftsgestaltung, wie gut sich das Hotel in die Umgebung einfügt. Aber auch um Einflugschneisen von Vögeln oder Lichtkonzepte für Insekten.

Ihr habt viel Hirnschmalz und Knowhow in nachhaltige Aspekte gesteckt. Warum?

Stefan: Ich finde, wenn man heute neu baut, ist alles andere nicht zeitgemäß. Das sollte ein Müssen sein, kein Wollen. Dafür bräuchte es beherzte Regeln.

Lucas: Ich habe selbst Kinder. Ich könnte nicht in den Spiegel schauen, wenn wir etwa einen kostengünstigen Gasanschluss gemacht hätten.

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Aussenfassade des Nils am See
c Karin Wasner
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Ufer am Neusiedlersee
c Karin Wasner

Worauf seid ihr besonders stolz?

Stefan: Die Nutzung von Erdwärme mit Tiefensonden und einer aktivierten Bodenplatte. Die Bewilligungen für die Bohrungen und die Platte waren der Wahnsinn! Das muss man wirklich wollen.

Lucas: Wir haben nicht eine Sonde – für das grüne Mascherl – wir haben 18. Jede 100 Meter tief. Das sind Fleißaufgaben im Bereich Nachhaltigkeit und echte Pionierarbeit, die keiner fordert, aber das drei- bis vierfache der Investitionen bedeuten.

Die Nachhaltigkeit passiert also größtenteils im Verborgenen?

Stefan: Ja. So wie die spezielle Technik, die den Außenpool energieeffizient wärmt. Bei uns läuft der deshalb nicht bis spät abends, während ohnehin alle beim Essen sitzen. Abends wird der Wasserstand gesenkt und abgedeckt, um keine Wärme zu verlieren.

Lucas: Die Holzfassade aus heimischer Lärche, das begrünte Dach und unsere 65kWp Photovoltaikanlage sieht man! Wir haben extra am Dach noch Platz für eine Dachterrasse mit Panoramablick gelassen.

Ist die begrünte Fassade eure Antwort auf den Klimawandel?

Lucas: Wir sind hier in einem Gebiet, in dem Landschafts- und Naturschutz eine essentielle Rolle spielen, vogel- und insektenfreundliches Bauen war Voraussetzung. Die umlaufende Holzfassade ist mit Blauregen begrünt, sie ist Sonnen- und Hitzepuffer und spart Kühlungsenergie. Insekten finden Nahrung und Unterschlupf und außerdem dämmt sie Lichtemissionen – was wieder die Insekten freut!

Stefan: Wir haben auch die Bepflanzung um das Hotel herum übernommen und Bäume auch am öffentlichen Parkplatz gepflanzt.

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Ein Dach mit drei Reihen voller Solarfeldern
c Karin Wasner
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Große leere Tiefgarage im Nils am See
c Alex Lang

Was habt ihr zum Thema Energieeffizienz ausgetüftelt?

Stefan: Unsere Speiseabfälle werden in einem Schredder mit Fettabscheider zerkleinert und einem unterirdischen Tanksystem gelagert, um daraus Bio-Diesel herzustellen.

Lucas: Ohne dieses System müssten die Essensreste gekühlt werden. Man glaubt nicht, wieviel Energie Betriebe aufwenden, um ihren Müll zu kühlen! Die Technik ist nicht neu, man muss es nur machen.

Stichwort Technik: Davon steckt ja jede Menge im Nils am See. Wo merke ich das als Gast?

Lucas: Du bekommst ein hübsches Armband, anstelle einer Plastikkarte. Sie öffnet die Türen, dient zum Bezahlen und die Burgenland Card wird darauf gebucht. Wir haben ein smartes Hotel gebaut: Haustechnik, Temperatur, Licht, Musik, alles wird digital gesteuert. Das System stammt von einer österreichischen Firma: Loxone Electronics.

Stefan: Es gibt Smartboards in jedem Zimmer. Wenn man möchte, läuft alles digital, auch der Room Service oder Check-in. Und das Wichtigste: Keine Klimaanlage, die bei offener Terrassentür auf Hochtouren läuft. Kein Licht, das brennt, wenn keiner da ist!

Apropos Zukunft: Ist E-Mobilität für euch die Zukunft?

Lucas: Unsere Fahrzeugflotte besteht jedenfalls ausschließlich aus Elektroautos. Wir wollten lieber klotzen statt kleckern: Wir haben 17 Ladestationen und 33 Stellplätze mit Lademöglichkeiten geschaffen und werden vielleicht noch erweitern.

Stefan: Wir arbeiten mit der lokalen Fahrradvermietung zusammen, die moderne E-Bikes vermietet, mit denen man bei jedem Wind und Wetter um den See kommt!

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Ihr ermutigt eure Gäste mit dem Zug zu kommen?

Lucas: Der Bahnhof ist nur 15 Gehminuten entfernt. Per Direktverbindung ist man in 53 Minuten vom Wiener Hauptbahnhof bei uns! Und dann läuft man idyllisch unter Bäumen am Seepark entlang und bestaunt die Bootshäuser im Schilfgürtel.

Stefan: Der Fahrradverleih am Bahnhof vermietet unsere Räder, man kann also schon dort aufs Fahrrad steigen. Und wir arbeiten gerade an einem Goodie, das wir Gästen anbieten, wenn sie das Auto zuhause lassen.

Euer nächstes Projekt ist schon am Start: Ihr baut noch aus?

Stefan: Wir nennen das entstehende Gebäude gegenüber „Stadel“. Es soll das Platzangebot mit zusätzlichen Räumen für Seminare oder Veranstaltungen abrunden. Hier können die lokalen Winzer ihre Weine präsentieren und die Familien ihre Feste feiern.

Lucas: Der Stadel wird traditionell mit Schilf gedeckt. Das wird im See geschnitten und im Ort verarbeitet, ein Schilfdecker der gegenüber im Seepark wohnt, macht das für uns.

Das Nils war vom ersten Tag an gut gebucht, was ist euer Geheimrezept?

Stefan: Wir kommen aus dem Bauträgersystem, der Gebäudetechnik und Architektur, wir haben vieles ganz anders und Out of the Box gedacht.

Lucas: Die Konzeptionierung war ein großer Teil des Projekts. Das Nils am See ist unser Baby. Wir saßen lange an den wichtigen Fragen: Was wollen wir, was ist uns wichtig, was gefällt uns?

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Sitzbereich mit grauen Sofas und einem Tisch, vor einem Kamin. Darüber hängen Holzlampen in Form von Vögeln
c Alex Lang
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Hotelzimmer mit Doppelbett und Bad im Hintergrund
c Karin Wasner

Und was war das?

Lucas: Ein Resort ohne Resort. Ein Ort zum Runterkommen, zum Abschalten, zum Spaß haben. Wir kennen den Seepark lange, das ist ein funktionierender Standort, an dem man eine tolle Zeit haben kann: Seebad, Strandbar, Segelschule und tolle Restaurants. Es ist schon Vieles in großartiger Qualität vorhanden.

Stefan: Diese Ressourcen kann man nutzen, das braucht man nicht alles selbst zu machen, der Gast hat alles, was ihn glücklich macht, in unmittelbarer Nähe.

Gab es einen Change Moment, der das Nils am See maßgeblich geprägt hat?

Stefan: Die Zeiten waren nicht leicht für ein 16 Millionen teures Bauprojekt. Wir haben uns oft den Kopf zerbrochen, wie wir das stemmen. Ich bin stolz, dass wir drangeblieben sind und unsere Philosophie vom nachhaltigen und innovativen Haus durchgezogen haben.

Lucas: Ein Hotelberater hat uns am Anfang gefragt: Wollt ihr Prestige oder Profit? Da haben wir uns angeschaut und einstimmig geantwortet: Na beides!

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