Portrait von Florian Unseld im Post Family Resort
Unken

Florian Unseld – Post Family Resort

Interview • Locationtipps

Florian Unseld ist Familienvater, Sommelier, Koch und Gastgeber im Post Family Resort. Der älteste Teil des Hotels ist denkmalgeschützt und gut 600 Jahre alt, der junge Hotelchef offen für Neues und voller Innovationskraft. Im Change-Maker-Interview spricht er und über die Herausforderung beim Kinderessen, die Motivation des Teams und eine Haltung, die so normal für ihn ist, dass er gar nicht länger darüber reden will. 

Petra Percher

Vorbei am früheren Eingang ins Wirtshaus und am alten Kutschertisch, geht es durch eine kleine Tür runter in den Weinkeller. „Da habe ich mir schon so oft den Kopf angehaut, das könnt ihr euch gar nicht vorstellen“, sagt Florian Unseld, selbst Sommelier, Koch, aber vor allem Gastgeber im Post Family Resort. Nach einem Blick zu den Weinschätzen setzten wir uns in die Vinothek im ältesten Teil des Hauses – denkmalgeschützt, mit gut 600 Jahren am Buckel.

Florian absolvierte die Tourismusschule Klessheim, kochte ein Jahr in verschiedenen Restaurants in Wien und studierte anschließend in Salzburg Innovation und Management im Tourismus. 2014 ging es recht schnell heim ins Kinderhotel – es wurde ein Souschef gebraucht. Schon bald übernahm er die komplette Leitung der Hotelküche. 2018 wurde er Teilhaber und Geschäftsführer des Familienunternehmens und verwandelte dieses „Step by Step“ vom Kinderhotel Post ins Post Family Resort. „Für mich war das immer alternativlos. Ich hab gesagt, ich will das.“ Was Zukunftsentscheidungen betrifft, zählt er immer noch auf die große Unterstützung seiner Eltern Matthäus und Gertraud Unseld. Auch seine Partnerin Daniela ist als Marketingexpertin an Bord. „Wir schauen uns gemeinsam viel an, wir reden viel, oft in der Nacht noch stundenlang. Das ist auch Arbeit, aber das sieht keiner.“ Wir schon, deshalb haben wir mit dem Post-Family-Chef ganz schön lang über seine Wünsche, Visionen und Missionen gesprochen.

Ich möchte dir gerne sagen, wie wir mit den Change Maker Hotels auf das Post Family Resort gekommen sind: über eure Pressefotos, die Diversität leben. People of Color werden da als Gäste gezeigt. Das ist in der Tourismuswerbung immer noch ziemlich einzigartig.

Ja, leider! Ich weiß aber, dass Viele umdenken. Einer meiner besten Freunde ist auch Hotelier, der viele internationale Profisportler und berühmte Fußballer zu Gast hat. Der hat zu mir gesagt, dass er eigentlich auch hätte auf diese Idee kommen können. Es ist so selbstverständlich. Die österreichische Hotellerie hat so viele Gäste mit unterschiedlichsten Wurzeln, dass es eigentlich fast peinlich ist, dass wir da die ersten waren,  und dass es so lange gedauert hat . Bei uns arbeiten mehr als 70 Mitarbeiter aus gut 25 verschiedene Nationen. Wir haben Kenianerinnen und Afghanen, die bei uns gelernt haben und jetzt meine Souschefs sind. Wenn man nach New York oder London schaut, ist das gar kein Thema.

Post Family Resort – Zeit für die guten Dinge

Reitstunden, Streichelzoo, Rutschenpark. Badesee, Tennis, Boccia. Krabbelecke für Minis, Poolparty und Lasertag für Teens. Adult Spa am Dach, Vier-Gang-Abendmenü und Yoga für Mamas und Papas – und alles so gemacht, dass die kleinen Gäste von heute auch morgen noch eine saubere Umwelt vorfinden. Das Post Family Resort im Salzburger Land ist ein ökosozialer Tausendsassa unter den Familienhotels.

Hast du gesagt, du willst das so?

Wir leben das. Ein anderer meiner besten Freunde ist Markus Mansi, er ist Fotograf und kennt viele Models und Leute aus allen Ethnien. Er hat gesagt, er fotografiert hier eine befreundete Familie aus München. Ich wusste nicht, dass der Familienvater aftrodeutsch ist. Wir haben gar nicht darüber gesprochen. Meine Eltern haben gleich gesagt, diese Fotos sind cool. Das Feedback war überhaupt gut. Auch von unseren Stammgästen. Wir haben ja auch immer öfter schwule und lesbische Paare hier mit ihren Kindern. Die fühlen sich einfach wohl.

Wie erschafft man so ein positives Gefühl, so eine Offenheit für Vielfalt?

Da geht sicher auch ein positiver Vibe von den Mitarbeitern aus. Und für uns ist Diversität einfach wichtig. Das spürt man. Und wir sind ja im Betrieb auch so aufgestellt. Aber ich will das Thema gar nicht so groß machen, weil es für mich völlig normal ist.

Das Post Family Resort hat den Begriff Kinder- und Familienhotel neu definiert. Wie würdest du die Veränderung im Hotel beschreiben – was machst du anders als deine Eltern?

Meine Eltern sind sehr aufgeschlossen und noch aktiv. Ganz selten muss ich erklären, warum man etwas heute anders macht. Beim Essen zum Beispiel: Vogelfutter sagt mein Papa gern. Ich wollte eben kein gewöhnliches Salatbuffet. Bei uns gibt es einen angemachten Tagessalat, und dafür 20 verschiedene Zutaten von Saubohnen bis eingelegten Ingwer, von Quinoa bis Humus. Das ist frischer und individueller. Jeder kann seine eigene Bowl machen.

Welchen Ratschlag gibst du einem Freund/einer Freundin, der/die gerade ins Hotelbusiness einsteigt?

Überleg dir ein Konzept, mit dem du junge, motivierte Leute findest, die nach einem halben Jahr Funktionen erfüllen, denn die größte Herausforderung wird das Personal sein. Die Systemgastronomie macht das vor. Die kann aus einem Tischler rasch einen halbwegs guten Koch machen. Man muss so sich schnell wie möglich Wissen aneignen, auch wenn die Menschen noch keine Ausbildung haben. Und ich würde noch raten, dass Mitarbeitende mindestens zwei Tage die Woche freihaben sollen und zwar hintereinander.

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c Studio Soco

Super Tipps! Du hast Kochen allerdings von der Pike auf gelernt. Kocht dein Papa auch?

Nein, aber er hat immer gesagt: "Lern‘ kochen, weil der Küchenchef spielt eine wichtige Rolle im Hotel – vom Wareneinkauf bis zur Kalkulation." Für mich war das ein Traum, ich wollte das immer machen.

Nachhaltigkeit ist so ein großes Wort, das so viele Bedeutungen zulässt. Wie würdest du Nachhaltigkeit im Post Family Resort beschreiben?

Die Gewölbe, die vor 600 Jahren gebaut wurden, sind für mich nachhaltig. Wir waren vorher im Weinkeller und haben gesehen, wie lange das hält und wie nachhaltig die damals gebaut haben. Gerade in der Hotellerie finde ich wichtig, so zu bauen, dass ich nicht in zehn Jahren wieder die Hälfte umreißen muss und dadurch Emissionen erzeugt werden, auch wenn es vielleicht noch so gut isoliert und gedämmt ist. Ich will so bauen, dass meine Urenkerln die Substanz noch nutzen können.

Wie tickt der Ort Unken?

Unken ist selbst ein sehr nachhaltiger landwirtschaftlicher Ort, hier sind fast drei Viertel der Bauern Biobauern. Die räuchern Fische, liefern Milch und Eier, das ist für uns glücklicherweise alltäglich. Wenn du in den Supermarkt gehst, siehst du gleich das große Regal mit Bauernprodukten. Und am Abend ist es immer leer. Das nachhaltige Leben am Land ergibt sich bei uns von selbst.

Und wie fließt dieses Landleben ins Hotel ein? Wie informiert ihr die Gäste?

Unsere Familien kommen ja aus der Landwirtschaft. Wir sind als Kinder gerne bei den Omas im Stall und im Gemüsegarten gewesen. Das Fleisch kam immer schon aus der Region. Das Wildfleisch aus unserer Eigenjagd wird komplett bei uns im Hotel verarbeitet. Für die Gäste schreiben wir natürlich schon drauf, von welchem Bauern die Eier kommen. Auf der Homepage haben wir alle Lieferant*innen aufgelistet

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Bar mit Threse und weißen Lampen, die von der Decke hängen
c Post Family Resort
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Kinder, die in einem kleinen Bach spielen
c Post Family Resort

Klingt, als hättet ihr irres Glück mit euren Lieferant*innen. Das ist recht außergewöhnlich...

Wir sind mit Abstand der größte touristische Betrieb in der Gegend. Das erleichtert den Einkauf natürlich im Vergleich zu Regionen, wo viele Hotels auf wenige Lieferanten kommen. Wenn wir sagen wir brauchen Bio-Eier, dann klappt das. Wenn ich mit neuen Wünschen zu meinem Metzger gehe, dann freut der sich, dass er einen Schupser für etwas Neues kriegt. Wir haben auch eine junge Generation an Landwirten – und vor allem an Landwirtinnen, die sind noch innovativer, die vermarkten sich gut und sind offen für Ideen. Die einen probieren Erdäpfel, das ist für die Gegend gar nicht typisch, die anderen pflanzen alte Getreidesorten an. Am Hochplateau sind Kräuter und Wildkräuter das große Thema. Wir machen Schulungen mit den Kids und eine Kräuterdame macht mit ihnen Öle und Salben.

Ihr fördert damit gemeinsame Zeit von Kindern und Eltern – hat sich die Form der Kinderbetreuung eigentlich auch verändert?

Wir merken, dass die klassische Kinderbetreuung bei weitem nicht mehr so angenommen wird wie früher. Wir waren mit unserer Kleinen auch gerade auf Urlaub, und natürlich freue ich mich, viel Zeit mit ihr zu verbringen. Da will ich sie gar nicht hergeben. Papas von heute machen definitiv mehr Urlaub mit den Kindern als von den Kindern und deswegen müssen sie mehr herhalten. Genauso wie Mütter, die sonst viel arbeiten.

Welche Werte sind euch wichtig?

Nachhaltigkeit für die Familie und das Denken an die nächsten Generationen in allen Belangen. Wenn ich etwas baue, dann sollte das nachhaltig sein. Lieber warte ich ein Jahr länger und mach das dann gescheit. Zu den Werten gehören auch ganz klar der Klimaschutz, die Philosophie vom Essen und Trinken und der Zusammenhalt als Familie. Wir arbeiten gemeinsam daran, dass andere Familien bei uns einen guten Urlaub haben.

Apropos bauen – ihr plant ja einen neuen Raum für das Team. Wie stärkt ihr den Teamgeist?

Wir haben gemerkt, dass sich Kolleg*innen, die hinten im Reitstall arbeiten, andere, die im Spa arbeiten, vielleicht dreimal im Jahr sehen. Jetzt sind wir mittlerweile ein Ganzjahresbetrieb und wollen deshalb laufend Teambuilding machen. Der Mitarbeiterraum bekommt einem langen Tisch, weil beim Essen kommen die Leut‘ zam. Mitarbeitende können mit den Sportanimateuren auf Biketouren gehen, das Fitnesscenter nutzen und das Hallenbad abends, wenn es für Gäste zu ist. Durch die Umstellung auf die Fünftagewoche identifizieren sich Kolleg*innen, die nicht von hier sind, stärker mit der Region. Die fahren dann an freien Tagen auch einmal gemeinsam auf die Berge. Einige haben sich bereits eine Wohnung genommen, weil sie es hier cool finden.

Eine gut gelaunte, motivierte Crew im Hotel – was gehört heute noch zum perfekten Familienurlaub? Welche Erwartungen gibt es?

Jede Minute, in denen das Kind gut beschäftigt ist, wird geschätzt. Da können sich Eltern auch einmal eine Stunde oben im Erwachsenenspa erholen. Extrem wichtig sind uns familienfreundliche Mitarbeiter*innen. Wenn das Kind etwas am Boden haut oder zu laut schreit, darfst du als Gast nie das Gefühl haben, dass irgendwas unangenehm ist. Das Essen und Trinken ist natürlich extrem wichtig. Serviertes Menü am Abend statt Buffet. Das Restauranterlebnis gehört dazu. Die wichtigste Frage ist aber: Was essen die Kinder? Die zu beantworten gehört zum Allerschwierigsten im ganzen Hotel.

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Kinder, die von einem Steg aus in einen Badeteich springen
c Post Family Resort
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Mann und Frau, die vor einem Kneippbecken sitzen
c Post Family Resort

Wie löst ihr dann die Herausforderung Kinderessen?

Wir haben auch schon gedämpften Fisch rausgestellt. Aber das war nur fürs gute Gewissen, den mussten wir dann einfach wegschmeißen. Natürlich kommt auch Brokkoli auf den Teller, den isst aber meistens die Mama. Schließlich sind die Kinder auch auf Urlaub und wollen essen was sie mögen – und das sind nun mal Pizza, Pommes, Nudeln, Schnitzel und Co. Auch wenn Mama sagt, das ist nicht gesund. Wie man es macht, macht man es falsch beim Kinderessen. Dafür wird der bevorstehenden Küchenumbau noch einmal viel ändern: Es wird im Winter kein Flugobst mehr geben. Und damit Gäste die Philosophieänderung besser annehmen, werden wir aus der neuen Küche super Alternativen anbieten.

Wo inspiriert ihr euch?

Skandinavien, Nordspanien, auch Kroatien und Slowenien sind spannend. Istrien im November – da kriegst du in der Nebensaison genau das auf den Teller, was es gibt. Agrartourismus haben sie bis Montenegro sehr gut umgesetzt. Es ist ein nachhaltiges Konzept und ich kann mir das für die Zukunft auch hier vorstellen. Es würde uns gut gefallen, wenn sich das Hotel noch enger mit Bauern und der Landwirtschaft vernetzt.

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Es ist wichtig, Kindern zu vermitteln, dass das Fleisch nicht vom Supermarkt kommt.

Es ist generell wichtig, woher das Fleisch kommt. Ein Freund betreibt nebenberuflich einen Biobauernhof. Vor zwei Jahren hat er gefragt, ob ich ihm nicht die Kälber abkaufen kann, weil er verfolgt hat, wohin seine Biokälber transportiert wurden. Er zieht das Kalb auf, kümmert sich jeden Tag darum, dass es ein schönes Leben hat, und dann wird es irgendwo nach Nordrhein-Westfalen transportiert und die letzten Tage sind ein Horror für das Tier. Das will er nicht. Heuer habe ich ihm acht Kälber abgekauft und decke damit zwei Drittel meines Jahresbedarfs. Immer mehr Landwirte denken da um.

Du bist hier aufgewachsen. Was ist der Unterschied von deiner Kindheit zu den jetzigen Kids?

Wir sind sicher mehr draußen gewesen. Bei jedem Sauwetter. Uns war das noch egal, da haben wir halt ein bisschen Schimpf bekommen, weil wir ganz gatschig waren.

Wie könnte die Jugend von heute stärker an die Natur herangeführt werden?

Da ist die Politik gefragt. Ich denke da an Landwirtschaftliche Jugendherbergen. Wir haben die Möglichkeit in Österreich. Wenn man acht Jahre lang zwei Mal im Jahr von der Schule aus bei Weinbauern, Spargelbauern oder Schweinebauern reinschnuppert und kurz mithelfen muss, dann bekommt man doch automatisch einen Bezug dazu.

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