Ein Naturbadeteich, groß wie ein Bergsee. Grashüpfer statt Motorhauben. Suiten mit eigenem Spa. Smarte Abwärmenutzung. Tina und Hermann Neudegger haben im Nesslerhof viel verändert. Sie hören hin und vereinen die Wünsche ihrer Gäste mit dem eigenen Gewissen.
Wenn Tina Neudegger aus ihrem Leben in Großarl erzählt, merkst du: die Frau ist verliebt. Ihre Liaison ist „ihr Tal“. Sie schwärmt von Großarl wie andere vom guten Wein oder vom herrlichen Wetter im Urlaub. „Ich bin jeden Tag wahnsinnig dankbar, dass ich hier leben darf“, sagt die Nesslerhof-Chefin. Weil in Großarl noch viel Natur intakt sei. Wegen der heimischen Produkte, die sie so liebt. Weil das Tal durch Wasserkraft und Photovoltaik praktisch energieautark sein kann, und sogar ein Blackout easy alleine stemmen könnte.
In dieser besonderen Umgebung steht der Nesslerhof. Inmitten von in Ruhe gelassener Natur, auf die Tina gut aufpassen will. Die Neudeggers öffnen das Tal den Gästen der Welt, immer unter der Prämisse die Umwelt so wenig wie möglich zu stören. Auch deshalb liegt der letzte große Umbau im Nesslerhof schon ein Zeitl zurück. Dass jetzt eine Veränderung anstand merkten Tina und ihr Mann Hermann vor allem in ihrer Rolle als Gästeflüsterer: „In den letzten Monaten ist vor allem die Nachfrage nach Suiten mit eigenem Spa immer größer geworden“, sagt Tina. Und so überlegten die Neudeggers. Und planten. Und setzten um.
Im Zuge des Makeovers durchdachten die Neudeggers das Thema Abwärme im Hotel. Also Energie, die normalerweise verloren geht, etwa bei der Kühlung von Lebensmitteln, wird im Nesslerhof jetzt auf nachhaltige Art wiederverwendet. Jene der Kühllager für die regionalen Lebensmittel beheizt nun zum Beispiel das Innen- und Außenpool, erwärmt das Trinkwasser und betreibt die Fußbodenheizung. Das spart jährlich 100.900 kWh – den Energieverbrauch von zehn Einfamilienhäusern. Ein weiteres Beispiel: die Abwärme der Trockner in der Waschküche. Sie heizt jetzt im Sommer das 25 Meter lange Outdoorpool zu 100 %. Auch damit können nochmal 37.449 kWh pro Jahr an Energie eingespart werden.
Auch eine eigene Hausquelle ist entstanden. Ziel war es, durch einen Brunnen hochwertiges, natürliches Wasser für die Wasserwelten im Hotel und die Bewässerung der Gartenanlage zu erschließen. Ein weiterer Benefit: die Trinkwasserquelle wird dadurch entlastet.
Wie bemerkst du als Gast die Veränderungen am schnellsten? Es steht kein Auto mehr am vorm Haus. „Uns war es unter anderem wichtig, die Grünfläche vor dem Hotel zu erweitern“, sagt Tina. Statt Parkplatz gedeihen hier jetzt Gänseblümchen und grüne Grashalme. Die Autos pausieren unter der Erde, gut versteckt in der vergrößerten Tiefgarage.
Ein weiterer Change betrifft den 4. Stock des Hauses. Tina und Herrmann haben den Suiten der Etage große Terrassen geschenkt. In fünf davon kannst du jetzt von der Outdoor-Sauna direkt in dein eigenes Whirlpool hüpfen. In der fast 200 Quadratmeter großen Rooftop-Suite „Bergmagie“ tauchst du in den Privat-Pool ab, schaust beim Schwimmen in die Berge und freust dich auf die Sauna, die einstweilen auf der Südterrasse aufheizt. Für die Umbauarbeiten beauftragten Tina und Hermann wieder ausschließlich regionale Firmen: Tischler, Elektriker, Zimmerer aus dem Tal, ein paar aus dem Pongau, wenige aus dem Pinzgau. „Die haben aber auch ein Team in Großarl sitzen. Das war uns wichtig, denn so konnten wir lange Anfahrtswege vermeiden.“
Vergrößert wurde auch der Naturschwimmteich im Garten. „Die Gäste lieben das Wasser“, sagt Tina. Die Kombination aus Frühstücken, wandern gehen und am Nachmittag am Teich liegen sei für viele der Inbegriff von Sommerurlaub. Mit dem Umbau hat sich der Naturteich in einen klaren Bergsee verwandelt. Das Bassin ist jetzt 800 Quadratmeter groß, umarmt den Außenpool wie einen guten Freund und ist genial zum Schwimmen, mit Stegen rundherum und Liegen zum stundenlang darin Knotzen und Buch lesen. Umweltfreundlich ist der Teich sowieso: das Wasser schickt die eigene Quelle ins Becken, die Reinigung übernehmen alleine die Filteranlage und die Pflänzchen im Wasser.
„Die größte Herausforderung beim Umbau war der zeitliche Aspekt“, sagt Tina. Denn auch die Mitarbeitenden hatten beim Time-Management ein Wörtchen mitzureden. Sie sind das Herzstück, Tina und Herrmann sind ständig mit ihnen im Austausch und hören auch bei ihnen genau hin, was sie bewegt. So wollten sie vor Beginn des Umbaus vom Team wissen, wie lange sie zusperren dürften, damit die Truppe ihnen treu bleibt. Drei Monate war die Antwort. „So ein Ziel lässt sich nur dann erreichen, wenn alle mit anpacken“, sagt Tina. „Unsere drei Töchter sind mit der Scheibtruhe gefahren, die Mitarbeiter vom Service und von der Beauty haben Pflanzen eingesetzt. Wir alle haben gegartelt so viel es geht und die Gartenanlage komplett selber gesetzt“.