Im Nesslerhof in Großarl blüht nicht nur der Living Garden auf, sondern auch die Ideen. Hotelchefin Tina Neudegger nutzt die Zwischensaison für neue Projekte, feilt an neuen Zimmern und Zukunftsplänen. Im Gespräch verrät sie uns, wie sie aus Kräutern feine Sirupe zaubert, warum sie immer öfter zu biodynamischen Weinen greift und welches kreative Vermächtnis ihr Großvater ihr hinterlassen hat.
„Vier Wochen vergehen so schnell, Wahnsinn“, lacht Gastgeberin Tina Neudegger. Doch die vier Wochen Pause im Nesslerhof in Großarl gibt es nur auf dem Papier – wer Tina kennt, weiß: Dahinter verbirgt sich ein kreatives Kraftwerk. Zwischen Unkrautzupfen mit der Schwiegermama, Schubkarre und Skizzenblock entsteht Neues. Auf den Terrassen, in den Zimmern, am Naturpool und am Tisch. Es wird also Zeit für ein News-Update aus dem Wellnesshotel im Salzburger Land.
Der Nesslerhof hat sich in den letzten Jahren Schicht für Schicht neu erfunden – auch im weitläufigen Living Garden mit Naturschwimmteich. Statt meterhohem Schilf blühen nun Verbene und Sonnenhut, was frischer wirkt und mehr Weitblick schenkt, wie Gastgeberin Tina erzählt. Bis auf den Wermut, aus dem Tina ihren beliebten Wermutwein macht, sind alle Kräuter aufs Terrassendeck umgezogen.
Daraus entstehen kreative Hauslimos wie Thymian-Zitrone, Marille-Rosmarin oder Preiselbeer-Vanille, die du im Restaurant, an der Spa-Bar oder im Living Garden genießen kannst. Tina setzt bewusst auf alkoholfreie Alternativen. „Ich bin da keinem Trend gefolgt, sondern meinem Gefühl. Ich wollte für meine drei Töchter gute Alternativen im Haus haben.“ Mittlerweile gehören auch alkoholfreie Weine und Cocktails wie der Mint Garden Gin zum Angebot.
„Was wir merken, ist echtes Qualitätsdenken bei den Gästen“, erklärt die Gastgeberin. „Viele trinken lieber ein gutes Glas Wein und dafür nur eins oder zwei. Da schenken wir auch einiges mit Coravin-Technik aus. Damit kannst du ein Glas Wein ausschenken, ohne den Korken zu ziehen – und der Wein bleibt noch für Jahre haltbar.“
Im Frühjahr 2024 ist die Familie Neudegger mit einigen Members vom Service-Team ins Bordeaux gereist. Es wurden Weingüter angeschaut, Weine verkostet und Wissen angehäuft, um den Gästen künftig noch besser Auskunft geben zu können – eine tolle Zeit für die Gästeflüsterer aus Großarl. Im Gespräch verrät die Hotelière, dass sie schon seit ihrer Sommelierausbildung davon träumte, das Bordeaux zu besuchen – nun hat sie es endlich geschafft und gleich mehrere daran teilhaben lassen.
Besonders angetan hat es Tina der biodynamische Weinbau in Frankreich. Im Bordeaux sind viele Vorreiter, was Biodynamiken und biologisch zertifizierten Weinbau betrifft. "Es ist so spannend, wie sie mit Natürlichkeit umgehen und wie viele Gedanken sie sich machen", schwärmt die Hotelchefin: "In den letzten Jahren wurde viel Energie in die Umstrukturierungen von Weinkellern gesteckt. Viele arbeiten zusätzlich mit Ton- oder Beton-Amphoren und nicht nur mit Stahl und Holzfässern. Auch Pferde sind in den französischen Weingärten im Einsatz."
Tina weiß: Für viele österreichische Winzer*innen sind die französischen Bio-Weingüter ein echtes Vorbild. „Der biodynamische Weinbau geht auf die Lehren des österreichischen Anthroposophen Rudolf Steiner zurück, die er bereits in den 1920er-Jahren entwickelte. Im Zentrum steht das Ideal der sogenannten Hofindividualität: ein ganzheitlicher Blick auf den Betrieb, bei dem Boden, Pflanzen, Tiere und der Mensch als Einheit betrachtet werden. Auch geschlossene Kreisläufe – etwa durch vielfältige Fruchtfolgen und die Haltung von Tieren – sind zentrale Säulen dieser Anbauweise. "Das ist die Zukunft – die Natur gut zu behandeln und auf sie zu achten", ist Tina überzeugt.
Der Nesslerhof, der ursprüngliche Bauernhof der Familie Neudegger, wurde erstmals um 1643 erwähnt. „Das ist unser Ursprung“, sagt Tina. 2011, 2016 und 2023 folgten große Umbaumaßnahmen und Erweiterungen. Über die Neuerungen rund um den Umbau 2023 haben wir dir in dieser Story bereits ausführlich berichtet. Doch die Neudeggers sind umtriebig, die nächsten Pläne bereits gemacht. „Die 40 Doppelzimmer von 2011 möchten wir nächstes Jahr umbauen.“ Zwei Musterzimmer entstehen gerade – mit italienischem Marmor und neuen Raumkonzepten. Da kommt die Hotelchefin ins Schwärmen. „Ich liebe Baustellen; in meinem nächsten Leben möchte ich Architektin werden.“ Bei aller Liebe zum Umbau sei jedoch eines zu beachten: ausreichend Vorlaufzeit zum Planen.
Im nächsten Schritt soll auch das österreichische Umweltzeichen gemacht werden. „Wenn wir uns mit anderen Hoteliers vergleichen, schneiden wir beim Energieverbrauch sensationell ab, weil wir alles sehr hochwertig gebaut haben. Wir haben schon damals auf die Dämmung geachtet, auf Dreifachverglasung gesetzt und kompakt gebaut – keine Türmchen, keine Chi-Chis.“ Die hauseigene Photovoltaikanlage und die Hackschnitzelanlage gehören für die Hotelière schon zum Standard. Was durch den Umbau neu dazukam, ist die eigene Wasserquelle in Trinkwasserqualität.
Um die Autos unter der Erde verschwinden zu lassen und mehr Raum für Grünland zu haben, wurde beim Umbau 2023 ganze 12 Meter tief gegraben: 140 Stellplätze bietet die Tiefgarage für Gäste und Mitarbeitende heute, um rund um das Hotel Platz für eine begrünte, autofreie Fläche zu schaffen. Immer mehr Gäste erreichen den Nesslerhof aber auch mit dem Zug bis St. Johann; die letzten 16 Kilometer werden per Taxi oder Bus zurückgelegt. Doch das Tal ist auf öffentliche Mobilität noch nicht so gut eingestellt. „Meine Gäste wollen ja Urlaub ohne Auto, aber das Angebot reicht einfach noch nicht“, sagt Tina.
Ein Wandertaxi-System ist vorhanden, aber fährt nur spezielle Punkte an. Tina setzt sich seit Jahren dafür ein, dass das Angebot ausgeweitet und der aktuelle Fahrplan erweitert wird. „Der Umweltgedanke ist im Tal noch nicht ganz angekommen, aber ich hoffe, es bewegt sich bald etwas.“ Der Wunsch nach einem Ausbau des Angebots ist groß, denn viele Gäste würden den Service nutzen, etwa für eine lange Wanderung vom Hotel aus mit Rückfahrt per Bus. Good News: Seit 1. Mai 2025 gibt es das Guest Mobility Ticket im Salzburger Land. Durch die neue Mobilitätsabgabe steigt die Ortstaxe für Nächtigungsgäste um 50 Cent, aber dafür sind die öffentlichen Verkehrsmittel im Bundesland Salzburg während der Dauer deines Aufenthaltes inkludiert.
„Für mich ist es zehnmal nachhaltiger, wenn die Kuh das Tal nicht verlässt und da geschlachtet und aufgearbeitet wird.“ Viele Bauern würden im Grunde biologisch arbeiten, sich aber wegen der bürokratischen Hürden nicht zertifizieren lassen, sagt Tina. Die Neudeggers beziehen lieber Fleisch, Butter und Joghurt direkt von Produzent*innen aus der Region, deren Arbeitsweise sie kennen und schätzen.
Gemeinsam mit einem Nachbarbetrieb werden im "Großarler Genuss" ganze Tiere vom Rind, Kalb, Wild und Lamm eingekauft, professionell zerlegt und vollständig verwertet. Auch Wurst und Speck werden selbst zubereitet. „Früher hätte sich keiner getraut, Kalbsrahmgulasch aufs Menü zu setzen, doch heute freuen sich die Gäste über solche Gerichte.“ Regionalität hat an Wertigkeit gewonnen und auch unbekanntere Fleischteile werden wieder mit Begeisterung serviert – vom Ragout über Braten bis zum Beuschel.
Die Gastgeber*innen im Nesslerhof in Großarl träumen groß: Nach dem Umbau soll nicht nur das Haus strahlen, sondern auch das, was innen wirkt. Es geht um mehr Tiefe, mehr Menschlichkeit, mehr Gefühl. Um ein Team, das wächst. Um Räume, die berühren. Die Region bleibt ihr Herzstück – doch der Blick geht weiter: in Richtung Gesundheit, Regeneration, Longevity.
Es sind Angebote wie Eisbaden, Face-Yoga, ein Aufguss mit Tinas Kräutern aus dem Garten oder medizinische Kosmetik, die den Aufenthalt transformieren. „Ziel ist, dass Gäste erholt, gestärkt und mit klarem Kopf heimkehren – ohne auf Luxus zu verzichten.“ Draußen kannst du Winterwandern oder Skifahren. „Es tut der Seele gut und man kriegt den Kopf frei“, sagt die Gastgeberin. Und wer einmal hier war, weiß: Sie hat recht.
„Tina, was tust du für deinen Geist? Was tust du für dich? Diese Frage stellt mir ein bestimmter Gast jedes Mal, wenn er mich sieht“, erzählt die Gastgeberin, die in ihrer Familie Erdung findet und Kraft schöpft. „Was ich auch sehr brauche, ist der Weitblick, wenn ich auf einen Berggipfel raufgehe.“ Wenn du dem Nesslerhof auf Instagram folgst, hast du bestimmt schon oft über die tollen Aufnahmen gestaunt. Um viele kümmert sich Tina höchstpersönlich; sie liebt es seit Kindestagen an, zu fotografieren. Ihr Großvater war Fotograf und nahm sie schon früh mit in die Dunkelkammer, um ihr die Faszination dieser Arbeit mitzugeben.
Tina brennt sichtlich für diese Leidenschaft, die sie erst zu Corona-Zeiten wieder aufleben ließ. „Da geht nichts schnell, schnell. Du musst dich hinstellen, fokussieren, den Bildausschnitt wählen, dich konzentrieren, die Einstellungen machen und im Anschluss noch die Bildbearbeitung. Das erdet mich ungemein und holt mich in meine innerliche Konzentration zurück.“ Ein Lebenstraum wäre es, ein eigenes Coffee-Table-Book zu machen, verrät Tina. Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben, finden wir, und freuen uns schon jetzt darauf, einen Blick hinein zu werfen.
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Hotel Nesslerhof Großarl
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