Uhren
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Was macht Uhren richtig nachhaltig?

Blog • Kreislaufwirtschaft

Mechanische Uhren sind wahre Meisterwerke, die oft viele Jahrzehnte überdauern – ein eindeutiges Symbol für Nachhaltigkeit. Doch mittlerweile gibt es zahlreiche andere Möglichkeiten, den ökologischen Fußabdruck deiner Uhr noch kleiner zu machen.

Timm Delfs

Patek Philippe wirbt mit dem Versprechen, dass man eine wertvolle Uhr nicht nur für sich selbst kauft, sondern auch für kommende Generationen. Klingt gut – und wahrscheinlich haben die meisten von uns tatsächlich einen Zeitmesser geerbt, den schon die Eltern oder Großeltern am Handgelenk trugen. Aber mal ehrlich: Wer denkt beim Anblick eines geerbten Schmuckstücks darüber nach, ob es umweltgerecht entsorgt werden kann? Und doch ist das Thema Nachhaltigkeit längst in der Uhrenindustrie angekommen. Wer genauer hinsieht, erkennt noch Luft nach oben.

Die meisten mechanischen Armbanduhren haben ein Gehäuse aus Stahl – und das aus gutem Grund. Stahl ist robust, rostfrei, bruchsicher, polierbar und formbar. Trotzdem setzen viele Hersteller auf neuen, unbenutzten Stahl, anstatt recyceltes Material zu verwenden. Dabei wäre das gar nicht nötig: Stahl lässt sich – genau wie Gold – nahezu unbegrenzt wiederverwerten. Ob das Metall vorher die Karosserie eines Autos war oder frisch aus einer Mine kommt, macht am Ende keinen Unterschied.

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Stahl aus Schrott

Heute ist recycelter Stahl ein Kernthema der Nachhaltigkeit in der Uhrenbranche. Panerai erhöht ständig den Anteil von wiederverwertetem "e-Steel". Auch Chopard setzt für die sportlich-elegante Linie "Alpine Eagle" auf grünen Stahl. Materialspezialist IWC ist ein Pionier der Wiederverwertung. Die Schaffhauser Marke verwendet beinahe 100 Prozent recyceltes Gold und 85 Prozent recycelten Stahl für ihre Gehäuse. Lieferant ist in den meisten Fällen der österreichische Stahlkonzern Voestalpine, der nicht nur bei aus Schrott gewonnenem grünen Stahl wegweisend ist, sondern auch bei der Energiebilanz. Denn die Herstellung von Stahl frisst viel Strom. Und den will die Voestalpine sukzessive CO2-neutral machen.

Noch grüneren Stahl dürfte es in Kürze aus der Schweiz geben. Die jurassische Firma Panatere, die sich auf das Recycling von Materialien aus der Uhrenindustrie spezialisiert hat, plant einen Solarofen zum Einschmelzen von Stahl bei Temperaturen von über 2000 Grad. „Wenn man bedenkt, dass 80 Prozent der Kosten durch die benötigte Energie entstehen, wird die Nachhaltigkeit unseres Geschäftsmodells offensichtlich", ist Raphaël Broye, Gründer von Panatere, überzeugt. 

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Uhrmacher bei der Arbeit
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Uhrmacher bei der Arbeit
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Faires Gold glänzt noch schöner

Neben Stahl bleibt Gold das meistverwendete Metall in der Uhrenmanufaktur. In der Regel stammt es aus industriell betriebenen Minen, die sich vorwiegend in China, Australien, Russland, USA, Kanada und Südafrika befinden. Da bei vielen dieser Minen nicht bekannt ist, unter welchen Bedingungen für Umwelt und Arbeitskräfte das Gold zutage gefördert wird, wurde der Ruf nach Transparenz und Alternativen immer lauter. 2013 wurde deshalb im Uhren-Exportland Nummer eins, der Schweiz, die „Swiss Better Gold Association“ gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern gehören Schweizer Goldraffinerien genauso wie die Abnehmer, beispielsweise der Schmuck- und Uhrenhersteller Cartier. 

Mittlerweile sind die gesamte Richemont-Gruppe, Chopard, Audemars Piguet und Breitling dazu gestoßen. Ziel ist es, handwerklich betriebene Kleinminen zu erschließen, die sowohl ökologisch als auch sozial nachhaltig sind. Da es jedoch auch dort um Arbeitsbedingungen und Umweltschutz schlecht bestellt war, investieren die Mitglieder in soziale Einrichtungen und Vorkehrungen zum Umweltschutz. Im Gegenzug erwerben sie Gold, dessen Herkunft auf der gesamten Lieferkette nachverfolgbar und konfliktfrei ist. Natürlich schlägt sich der "Fairmined Standard" im Preis nieder, doch die zwei Prozent Aufschlag sind Kunden bereit für Transparenz zu bezahlen.

Mag. Franz Eisl
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Was bedeutet Tradition, Franz Eisl?

Alte Werte für eine neue Zeit: Franz Eisl sieht Tradition nicht als Stillstand, sondern als Basis für Fortschritt. Warum das beste Auto für die Umwelt das nicht gebaute Auto ist, warum Gebrauchsspuren Charakter verleihen und wieso echte Nachhaltigkeit mehr mit Bewusstsein als mit Zertifikaten zu tun hat – ein Gespräch mit Tiefgang.

Rhizinusöl und Plastikmüll für die Uhr? Das Leder im Visier!

Mit dem Aufkommen des veganen Lifestyles geraten auch Armbänder aus Leder ins Visier der Kritik. Nicht nur, weil für deren Herstellung Tiere ihr Leben lassen müssen, sondern auch, weil die Verarbeitung von Leder, insbesondere das Gerben, die Umwelt stark belastet. Die Hersteller von Armbändern, wie beispielsweise der Marktführer Hirsch in Österreich, haben schnell reagiert und führen vegane Alternativen, die mit der Haltbarkeit von Leder mithalten können. 

Die Marke Mondaine, die CO2-neutral produziert, bietet nicht nur vegane Armbänder, sondern auch Uhren mit Gehäuse aus veganem Kunststoff auf Basis von Rhizinusöl an. Auch IWC hält seit 2021 eine Alternative zu Lederarmbändern bereit: Die Timbertex- und Miratex-Armbänder fühlen sich zwar wie Leder an und sehen auch so aus, bestehen aber aus pflanzlichen und mineralischen Rohstoffen, deren Gewinnung einen bedeutend geringeren CO2-Ausstoß generiert als herkömmliches Leder. 

Beliebt sind auch Textilbänder aus Plastik, das aus dem Meer gefischt und von spezialisierten Startup-Firmen zu farbigem Garn verarbeitet wird. Pioniere auf diesem Gebiet sind Breitling, Ulysse Nardin und Panerai. Oris hat eine Lösung entdeckt, nicht auf Leder verzichten zu müssen und dennoch ökologisch nachhaltig zu sein. Dank dem Zürcher Label "Cervo Volante" stammt das Leder von erlegtem Rotwild in Italien und wurde umweltfreundlich gegerbt. In der Vergangenheit wurden die Häute der Hirsche verbrannt. Am nachhaltigsten bleiben aber nach wie vor Gliederarmbänder aus Metall, da sie kaum je ersetzt werden müssen. 

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Lederverarbeitung
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Ledermuster
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Wo hinterlassen Uhren den größten ökologischen Fußabdruck?

Die Produktion von Uhrenbestandteilen, so klein sie auch sind, wirkt sich auf die Umwelt aus. So werden beispielsweise Werksteile aus Messing wie Platinen und Brücken galvanisch mit einer dünnen Schicht Rhodium überzogen. Die verwendeten Bäder sind hochgiftig. Sie werden mittlerweile zwingend gereinigt, wiederverwendet und am Ende ihres Verwendungszyklus bei spezialisierten Unternehmen entsorgt. Bei spanabhebenden Bearbeitungsschritten wie Bohren und Fräsen fließt viel Öl, das ebenfalls recycelt werden kann. 

Einen großen Fußabdruck hinterlässt der Versand der Uhren. Bei luxuriösen Uhren fällt die Verpackung nach wie vor groß, schwer und edel aus. Außerdem werden Uhren und ihre Präsentationsboxen in der Regel getrennt verschickt und erst beim Händler miteinander kombiniert, wodurch weiteres Transportvolumen entsteht. IWC, Oris und Breitling gehen die Herausforderung mit bedeutend kleineren und leichteren Präsentationsboxen an. Beliebt ist auch die Lösung, die Schatullen so zu gestalten, dass sie nach dem Auspacken der Uhr als Schmuckkästchen weiterverwendet werden.

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Rolex, IWC und Co – Wie große Uhrenmarken sich engagieren

Sogar die Boutiquen rücken auf der Suche nach Optimierungspotenzial in den Fokus. Sie finden sich mit Fragen konfrontiert, die sie zuvor kaum tangierten: Wie nachhaltig sind die Einrichtungsgegenstände, die Wandverkleidungen und die Teppiche? Da die Uhrenindustrie zu den Branchen gehört, deren ökologischer Fußabdruck vergleichsweise klein ist, liegt die wirksamste Methode, Gutes für die Welt und die Umwelt zu tun, in der Finanzierung von Lösungen für größere Probleme an anderen Orten der Welt. 

Zu den Pionieren gehört die Genfer Manufaktur Rolex mit der Initiative "The Rolex Awards for Enterprise". Alle zwei Jahre wird der Preis an fünf Menschen verliehen, die ein glaubwürdiges Projekt in den Bereichen Umweltschutz, Wissenschaft, Medizin und soziale Gerechtigkeit einreichen. Das Beispiel macht Schule. Hersteller wasserdichter Taucheruhren engagieren sich für die Erhaltung der Meere und deren Biodiversität. IWC lässt sich von Gisele Bündchen in Sachen Umwelt beraten. Das brasilianische Model kennt die sozialen und ökologischen Folgen unkontrollierter Rodungen und Monokulturen aus dem eigenen Land und engagiert sich als Aktivistin, seit sie 2004 den Amazonas mit eigenen Augen sah.

Visionär*innen