Food-Expertin Hanni Rützler
© Thomas Wunderlich

Zukunft auf deinem Teller: 5 nachhaltige Food Trends

Blog • Gesund essen

Was landet morgen auf deinem Teller? Hanni Rützler, Ernährungsexpertin und Zukunftsdenkerin, lässt uns auf den Change Maker Days in die kulinarische Zukunft blicken. Ob Gemüse in der Hauptrolle, Fleisch mit Persönlichkeit oder das Comeback von Brotresten: Die neuen Food Trends sind mutig, nachhaltig und überraschend vielfältig. Warum du beim nächsten Besuch eines Change Maker Hotels vielleicht Artischocken aus der Region probierst oder Oliven aus der Wachau? Lies weiter – dein Geschmackssinn wird es dir danken!

Kathi Saurwein

„Die Food Trends sind die Zeiger des kulinarischen Wandels“, weiß Hanni Rützler, Gründerin des Futurefoodstudios und eine der führenden Ernährungswissenschaftler*innen Europas. Bei der heutigen Ernährungsweise schwingt immer mehr die Verantwortung für das eigene Tun und der bewusste Umgang mit Ressourcen mit: „Der Blick auf den Teller verändert sich und auch, was darauf ist.“ Dennoch wird etwa ein Drittel aller produzierten Lebensmittel weggeschmissen – ein klarer Fehler im System. Wie gut, dass Rützler sich als Problemlöserin sieht und ihre Trends unser aller kulinarische Zukunft verändern. 

Auf den Change Maker Days 2024, wo sich Ende November die Gastgeber*innen der Change Maker Hotels versammelten, schaute sie mit uns in ihre kulinarische Glaskugel. Soviel vorab: Ein Wertewandel macht sich insbesondere beim Thema Fleisch bemerkbar. Hier findest du nicht nur die größte Debatte, sondern auch den mächtigsten Hebel. Während der Fleischkonsum jahrzehntelang demokratisiert und immer günstiger wurde, verliert Fleisch nun nach 30 bis 40 Jahren seine Pole-Position.“ Immer mehr vegane Alternativen – bis hin zum plant-based Steak samt veganem Knochen zum Abnagen – etablieren sich am Markt, während sich das Gemüse mehr und mehr aus der Beilagenrolle abnabelt. „Auch Salat hat sich emanzipiert und kann mit den richtigen Toppings eine Hauptspeise sein.“

Nachhaltigkeit als Problemlöser

Hanni Rützlers Trends halten sich etwa fünf bis 15 Jahre und liefern die Antwort auf aktuelle Probleme: „Ich bin spezialisiert auf Lösungen. Veränderungen entstehen nur, wenn wir an Lösungen denken. Das führt zum Change!“ Im Herzen der Food-Trend-Forschung steht laut der Ernährungswissenschaftlerin das komplexe Thema Nachhaltigkeit. Wir haben einige nachhaltige Inspirationen für dich zusammengetragen. 

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Food-Expertin Hanni Rützler beim Vortrag über Food-Trends.
c Annabelle Lehnert
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Food-Expertin Hanni Rützler mit dem Change Maker Magazin.
c Annabelle Lehnert
Fünf Food-Trends auf deinem Teller
Brutal local

„Seit Jahren brodelt der Wunsch nach mehr Regionalität, während der Megatrend Globalisierung sich gerade neu erfindet“, erklärt Rützler. Es geht um Wertschätzung, um den Einsatz regionaltypischer Gerichte auf der Speisekarte. Aber deutlich konsequenter wird Regionalität beim Ansatz „brutal local“. Denn hier geht es auch um die Produkte ringsum. Inspiration liefert ausgerechnet die „aus der etwas hochnäsigen mitteleuropäischen Sicht“, wie Rützler sagt, lange als unwichtig abgetane nordische Küche mit ihren wilden, ungezähmten Geschmackswelten. Den dänischen Sternekoch René Redzepi hält die Expertin für einen „magischen Geschichtenerzähler“. Bei ihm wird der Gast zum Jäger, Gärtner und Sammler - und zwar beim Essen am Tisch. Redzepi hat zum Beispiel 30 verschiedene Krensorten gefunden und Ideen geboren, was er daraus macht. Er hat das Thema Fermentieren, wie es jetzt überall gemacht wird, aufbereitet.

Local exotics

Ein Trend, der sich durch die Erderwärmung herauskristallisiert, sind die Local Exotics. Hierbei geht es um Lebensmittel, die ursprünglich nicht in der Region angebaut werden, sondern vielmehr neu dazukommen bzw. andere ersetzen, da der Klimawandel die natürlichen Gegebenheiten des Anbaus verändert. „Dass es in Österreich Artischocken gibt, Reis und Indoor-Garnelen ist neu“, sagt Rützler. Es werden Oliven in der österreichischen Wachau auf Hanglagen angebaut werden, die nicht mehr für den Weinanbau geeignet sind. Auch das Kultivieren von Erdnüssen, Mandeln und Lavendel kommt vermehrt in unseren Breitengraden zum Einsatz. Not macht bekanntermaßen erfinderisch und die Landwirt*innen beweisen reichlich Ideenreichtum und Mut zum Experimentieren.

Zero Waste

Bei Zero Waste geht es um einen Bewusstseinswandel. Um die Wertschätzung des Lebensmittels – also im besten Fall dessen komplette Verarbeitung. Während bei Pflanzen das Konzept „Leaf-to-Root“ greift, gilt beim Fleisch „Nose-to-Tail“. Im Fokus steht eine abwechslungsreiche Küche, die nicht nur die Edelteile ins Scheinwerferlicht rückt, sondern auch weniger Bekanntem und Innereien einen Raum auf der Karte zugesteht. Schmunzeln muss Rützler über die Schweizer, die sogar für altes Brot ein Geschäftsmodell gefunden haben, das nicht gefördert wird – die Äss-Bar, mittlerweile ein Pionier der Anti-Food-Waste-Bewegung. Für die ist auch das weltweit erste Zero-Waste-Restaurant Silo in London ein Hotspot. Das Silo ist das erste Restaurant, das Reste nicht als Reste sieht, sondern als Ressource. Mit experimenteller Küche wird alles verarbeitet. „Das ist lösungsorientiert“, sagt Rützler. 

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Hanni Rützler im Garten
© Nicole Heiling
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Aufgebrochene Pfefferoni
© Nicole Heiling
Pure Prioritäten

Das Zauberwort lautet pur. Bei diesem Food Trend gilt es, alles natürlich und einfach zu halten. „Es ist eine Rückbesinnung auf Reduktion“, erklärt Hanni Rützler. „Das Konzept ist ganzheitlich gedacht. Es betrifft die Rezeptur, die Anzahl der Gänge, die Vielfalt des Angebots, also die Größe der Speisekarte, aber auch die Tischdekoration. Im Grunde ist es eine Gegenbewegung zur Opulenz.“

Vegourmets

Veganismus hat lange die Titelseiten gefüllt, und auch Flexitarier, die ihren Fleischkonsum bewusst einschränken, hält Rützler bereits für Mainstream. Was für die Trendforscherin aber spürbar stärker kommt, sind Plant-based-Produkte. In Nordeuropa sind sie sehr erfolgreich, bei den stolzen Esskulturen im Süden eher weniger. „Wir liegen irgendwo dazwischen“, weiß die Expertin. Dafür gibt es hier einen Gegentrend. Die Vegourmets sind jene Foodies, die auf Fleisch verzichten und die kreative Gemüseküche schätzen. Als hochgradig innovativen Player nennt sie den Michelin-Stern-dekorierten Koch Paul Ivic aus dem Wiener Restaurant Tian.

Natürlich hat Rützler auch für die Fleischküche wertvolle Tipps parat, denn bei Fleisch geht es immer auch um Vertrauen. Und weil man nicht nicht kommunizieren kann, spricht eine Speisekarte Bände. Deshalb rät die Trendexpertin Gastronom*innen, mit innovativen regionalen Produzenten zusammenzuarbeiten, und auch wirklich hinzufahren, zu schauen, was die Tiere essen, die Rinder zu streicheln. Denn auch Carneficionados sind ein Trend – das ist jene Gruppe an Feinschmecker*innen, die Massentierhaltung ablehnt und ausschließlich ethisch unbedenkliches Fleisch isst. „Und wir reden immer nur von Rind, Schwein oder Huhn – das ist zu unterkomplex“, sagt Rützler. „Leider sind wir bei Rassen und Beschreibungen von Tieren wahnsinnig sprachlos. Da fällt uns mehr zu Paradeisern ein.“

Du machst den Unterschied

Bei der kulinarischen Zukunft geht es um jede und jeden Einzelnen, jede Gastronomin, jeden Hotelier, jeden Gast und jede Konsumentin, denn: „Wir gestalten Zukunft durch unsere täglichen Essentscheidungen!“, weiß Food-Trend-Forscherin Hanni Rützler. Somit hast du tagtäglich die Möglichkeit, aktiv den Wandel mitzugestalten und den Change voranzutreiben.

Du möchtest mehr über die Zukunft von Essen und Ernährung erfahren? Zum Deep Dive empfehlen wir dir den aktuellen Food Report 2025 (Zukunftsinstitut), der zahlreiche Informationen und Antworten liefert.

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