Change Maker Hotels Blog Interview mit Julia Fandler Ölmühle Fandler
© Ölmühle Fandler / Foto: Markus Lang-Bichl

Warum sollen wir Öle feiern, Julia Fandler?

Blog • Gesundes Essen

Hast du schon mal darüber nachgedacht, womit du deinen Körper „betankst“? Julia Fandler, die Powerfrau hinter der Ölmühle Fandler, weiß: Hochwertige Öle sind das Geheimnis für Energie, Gesundheit und Geschmack. Warum dein Körper ohne ihre „Fetten Freunde“ nicht rund läuft, welches Öl nach Nutella schmeckt und warum Wertschätzung ihr großes Thema ist, liest du hier. 

Franziska Riedl

Seit fast 100 Jahren steht Ölmühle Fandler für hochwertige, kaltgepresste, 100 % sortenreine Pflanzenöle. Die Ölmühle in Pöllau bei Hartberg ist so eine Art Zentrum des Ölpressens in der Steiermark. Schon immer schätzen und fördern die Fandlers das, was die Region hergibt. Bereits Anfang der 1980er presste Bio-Pionier Robert Fandler die ersten Öle aus kontrolliert biologischen Rohstoffen und legte damit den Grundstein für ein Bio-Sortiment, das mittlerweile 20 Sorten umfasst. 
Tochter Julia Fandler, die vierte Generation an der Spitze des Familienunternehmens, bringt nicht nur Innovationsgeist und Leidenschaft mit, sondern zeigt auch, wie man Menschlichkeit, Wertschätzung und wirtschaftlichen Erfolg in Einklang bringt. Die Öle, die in Pöllau entstehen, sind nicht nur kulinarische Spitzenprodukte – sie erzählen auch Geschichten von Tradition, Mut und einem klaren Blick in die Zukunft. 

Was ist dein persönliches Lieblingsöl?

Das ist einfach: Haselnussöl. Ich bin eine Naschkatze und ein Nutella-Kind. Das Haselnussöl ist eine gute Alternative, um genau diesen Geschmack auf eine, für den Körper wertvolle Weise, zu genießen. Ich liebe es zu Palatschinken, zum Frischkäse, zum grünen Salat… Ich könnte alles damit essen (lacht).

Welchen Einfluss haben gute Öle auf uns Menschen?

Unser Körper braucht die drei großen Bausteine: Fette, Kohlenhydrate und Eiweiß. Fette sind leider immer noch als Dickmacher in Verruf. Man vergisst dabei, dass unser Körper gesunde Fette braucht, speziell die Omega-3-Fettsäure, die zum Beispiel im Leinöl enthalten ist. Sie ist eine essentielle Fettsäure, bedeutet, der Körper braucht sie unbedingt, kann sie aber selbst nicht herstellen. Deshalb muss man sie über die Nahrung zu sich nehmen. Wenn’s dann auch noch gut schmeckt, isst man’s umso lieber. Und zwar nicht nur weil man es soll, sondern weil man es will. Weil das Leinöl bei uns so beliebt ist, pressen wir es fünf Tage die Woche. Wir setzen uns bereits mit dem Rohstoff auseinander, es geht dabei zum Beispiel darum, welche Sorte verarbeitet wird, welchen Reifegrad es hat… Und dann ist da natürlich auch unser Produktionsverfahren, das sehr schonend funktioniert und das Öl mit wenig Temperatur, viel Druck und langsamer Geschwindigkeit presst. All das macht diesen guten Duft und Geschmack aus, ein Zusammenspiel zwischen Rohstoff und Menschen. Zeitaufwendig und kostenintensiv, aber der Geschmack dankt es einem.

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Change Maker Hotels Interview Julia Fandler
© Ölmühle Fandler / Foto: Wasserbauer
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Change Maker Hotels Interview Julia Fandler Produktionsablauf Ölmühle Fandler
© Ölmühle Fandler / Foto: Michael Liebert

Hast du das Gefühl, dass die Wertschätzung gegenüber gutem Öl steigt? Gefühlt geben die Menschen ja lieber viel Geld für den Treibstoff ihrer Autos aus, als für den Sprit, den sie in ihre eigenen Körper tanken…

Danke für diesen Vergleich, den nutze ich selber gerne (lacht). Viele Menschen verstehen nicht, dass das, was sie in ihren Körper tanken dafür verantwortlich ist, was sie aus ihm heraus holen können. Und nicht nur aus dem Körper, auch aus ihrem Geist, aus der Seele. Es hat auch viel mit der Gesundheit der Psyche zu tun. 

Zur Frage ob die Wertschätzung wächst: Ich denke, über alle Menschen geschert, nicht. Aber: Die kleine Gruppe, denen gute Lebensmittel wichtig ist, und die auch auf gute Öle achtet, die wächst. Sehr langsam, aber sie wächst. Das sind unsere Kund*innen. Menschen, die auch geschmacksintensive, natürliche Lebensmittel essen wollen.

Bei dieser Wertschätzung geht es ja auch darum, wie ich zu meinem Körper stehe. Wie treibt die Ölmühle Fandler diese achtsame Haltung an?

Ich lebe nach dem Motto, dass ich andere so behandle, wie ich selbst behandelt werden möchte. Und das bezieht sich nicht nur auf Menschen, sondern auch auf die Umwelt, auf Tiere, auf die Wertschätzung rundherum. Ich glaube, genau das ist die Voraussetzung für wirklich nachhaltiges Leben. Im Unternehmen geht es um den Umgang mit den Mitarbeitenden, mit den Lieferanten, mit den Kundinnen. Ich kann nur davon ausgehen, dass sie mir respektvoll entgegentreten, wenn ich es auch tue. Sich gegenseitig Anschnauzen führt zu nichts. Wenn ich selbst auf eine gewisse Art und Weise handle, hat das eine Vorbildwirkung.

Und wie genau „wertschätzt“ du im Unternehmen? Was sind deine Tools?

Ein Beispiel: Wenn es mir nicht gut geht, dann hätte ich gerne, dass darauf Rücksicht genommen wird. Ich verlange von niemandem, dass er seine private und persönliche Hülle im Unternehmen abgelegt und nur funktioniert. Es gibt eben herausfordernde Situationen im Leben, in denen begleiten wir die Menschen. 
Wenn jemand 55 Jahre alt ist und schon 20 Jahre bei mir arbeitet, dann wird er vielleicht ein bisschen langsamer, kann nicht mehr so flott und schwer arbeiten. Genau dann fordere ich diese Wertschätzung auch ein, denn diese Menschen sind für das Unternehmen mindestens genauso wertvoll wie die jungen. Schließlich haben sie es aufgebaut, haben den Erfahrungsschatz und Werte, die sie weitergeben. Auch da versuche ich durchs Vorleben Wertschätzung zu zeigen.

Ich will versuchen, ein Umfeld zu schaffen, wo sich die Mitarbeitenden etwas zu sagen trauen, wo sie in Austausch mit mir gehen. Am Ende geht’s ja darum, dass sie Spaß haben an der Arbeit. Dafür brauchen sie Vertrauen und ein sicheres, stabiles Umfeld. Und je mehr ich ihnen genau das gebe, desto mehr krieg’ ich zurück. Das klingt jetzt vielleicht berechnend, aber ich mach das, weil ich’s selber nicht anders haben will.

In der Geschichte der Ölmühle Fandler spielen starke Frauen eine wichtige Rolle. Glaubst du Frauen sind die innovativeren Unternehmerinnen?

Ich glaube, wir Frauen sind mutiger, weil wir es gewohnt sind uns in einem Umfeld zu bewegen, in dem wir Raritäten sind. Wenn wir was erreichen wollen, dann müssen wir aus der Masse heraustreten. Und dafür braucht es Mut. Ob wir innovativer sind? Vielleicht ein bisschen, weil wir mutiger sind. Ich würde es aber nicht generalisieren.

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© Ölmühle Fandler / Foto: Markus Lang-Bichl

Einen mutigen Schritt bist du 2022 gegangen, als ihr bei der Ölmühle Fandler ein neues Etiketten-Design vorgestellt habt – die „Fetten Freunde“. Die Illustrationen dafür stammen von der französischen Künstlerin Jeanne Detallante, die auch schon für Magazine wie Vogue, Vanity Fair und die New York Times gearbeitet hat. Wie wichtig war dieser Move, und was hat er mit der Marke gemacht? 

Der Hintergrund ist, dass wir noch mehr Fokus drauf legen wollen, wie charakterstark unsere Öle sind. Wir wollten das mit den verschiedenen Charakteren der Gesichter zeigen. Die Farbe der Gesichter sind unsere Öl-Farben. Alles, was gelb ist, ging gut. Aber beim dunkelgrünen Kürbiskernöl ist’s spannend geworden. Da muss man dann mutig sein (lacht).
Ich habe schon einige mutige Entscheidungen in meinem Leben getroffen und bis jetzt keine davon bereut. Ich hab auch aufgrund meiner eigenen Erfahrung mit Depression gelernt, mich nicht vor der Zukunft zu fürchten, sondern in der Gegenwart zu handeln. Und bei den Etiketten war es so, dass ich gesehen habe: Es braucht etwas Neues. Und jetzt merke ich, es ist ein Wahnsinn, welchen Qualitätsanspruch man mit Bildern und Sprache transportieren kann.

Die Ölmühle Fandler ist Teil der Bewegung für ein enkeltaugliches Österreich. Wie macht ihr Österreich enkeltauglich?

Mit meiner Lebenseinstellung. Andere so zu behandeln, wie ich behandelt werden möchte – das ist mein Zugang. Zusätzlich dafür zu sorgen, dass der Bio-Anteil wächst, dass wir ressourcenschonend arbeiten. Bei uns wurde noch nie etwas weggeschmissen. Der Ölkuchen, ein Nebenprodukt der Ölproduktion, wurde immer schon an die Landwirte in der Umgebung verkauft. Die Wärme für die Wärmepfannen läuft in die Fußbodenheizung oder in die Kühlung mit ein. Wir haben immer schon mit gscheiten Baustoffen gebaut und nicht billig. All das macht viel aus.

Und überhaupt dieser Zugang zu gesunden Lebensmittel und einer gesunden Lebensweise. Wir wollen zeigen, dass man Ressourcen schont, nicht nur was die Umwelt betrifft, sondern auch die Ressource Mensch. Reduzieren aufs Wesentliche. Und auch Dinge ansprechen. Ich denke, es braucht zwischendurch den Zeigefinger, vielleicht nicht den erhobenen, aber den Zeigefinger. Weil, wenn du Menschen Dinge durch die Blume sagst, dann verstehen sie sie oft nicht. Ich mach’ das aus dem Gefühl einer Zivilcourage heraus. Wenn niemand etwas tut, dann ändert sich nichts.

Was sind deine Visionen für die nächsten Jahre?

Mir geht es darum, weiterhin den Beweis anzutreten, dass man mit diesem hohen Maß an Menschlichkeit, das ich lebe, wirtschaftlich erfolgreich sein kann. Das ist seit 15 Jahren mein Statement. Ich bin Betriebswirtin, ich habe natürlich meine finanziellen Ideen und will, dass das Unternehmen mir gehört und nicht den Banken. Aber ich beweise ja, dass es möglich ist, so wie wir arbeiten, erfolgreich zu sein.
Meine Vision ist es, mein Unternehmen weiterhin so zu führen, wie ich es will. Ich will den Standort hier in Pöllau stärken und noch mehr Menschen zu uns ins Haus holen. Damit die Leute sehen, was wir tun und spüren, wie wir leben. Man kann das in einen Folder schreiben, man kann Reels produzieren, aber man merkt erst hier bei uns, dass das, was wir erzählen, keine Geschichte und kein Marketing ist, sondern Realität. 
Und auch das Festhalten an dieser Qualität, mich da nicht verunsichern zu lassen von irgendwelchen Preistreibereien. Stattdessen meinen Anspruch noch weiter raufzuschrauben – das ist meine Vision.

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