Die Zeiten, in denen Gemüse als Side-Act am Teller belächelt wurde, sind vorbei. Mit der vegetarisch-veganen Kochlehre macht Österreich Gemüse zum Star – als erstes Land weltweit und mit den Change Maker Hotels vorne dabei. Gut für den Ruf als Vorreiter im nachhaltigen Tourismus, aber kritische Stimmen gibt es auch.
„Was bitte sollte ein veganer Koch drei Jahre lang lernen?“ Mit diesem Satz löste ein Vertreter der Wirtschaftskammer Österreich einen kleinen Sturm in den sozialen Medien aus. Prominente, auf Gemüse fokussierte Spitzenköche wie Heinz Reitbauer vom Steirereck und Change Maker Hotel Glashaus am Pogusch sowie Paul Ivic vom Tian reagierten prompt: Während Reitbauer von „Scheuklappendenken“ sprach, konterte Ivic ironisch mit „Ja, was wohl …“ und erinnerte daran, dass er selbst nach zwölf Jahren vegetarisch-veganer Spitzenküche noch täglich dazulernt.
Nun macht es Österreich tatsächlich möglich: Mit dem neuen Berufsschuljahr startet erstmals die vegetarisch-vegane Kochlehre – als erste weltweit. Einerseits als eine Antwort auf einen immer stärker werdenden Trend zur pflanzlichen Ernährung – aus gesundheitlichen, ethischen oder ökologischen Gründen. Aber auch als Folge des Nachwuchs-Notstand in der Gastro: Mit nur noch 2.800 Koch-Lehrlingen gibt es heute fast halb so viele wie vor 15 Jahren. Aus der Wirtschaftskammer heißt es dazu: „Wir freuen uns über jeden neuen Lehrberuf, der das Potenzial hat, Menschen für die Branche zu begeistern.“ Die neue Lehre eröffnet jungen Talenten eine spannende Ausbildung mit Zukunft und bringt frischen Wind in Küchen von Restaurants und Hotels.
Die Ausbildung von Fachkräften für vegetarische Kulinarik – so heißt die Ausbildung offiziell – läuft offiziell als Pilotprojekt bis Ende 2030. Sie zählt neben Anlagenbautechniker*in, Biochemiker*in und Agrarökonom*in zur Sparte „Grüner werdende Berufe im Tourismus“.
Im September startet der Hochschober als erstes Hotel in Kärnten mit der vegetarisch-veganen Lehre und gibt zwei Auszubildenden die Möglichkeit, sich voll und Ganz auf Gemüse als Star des Tellers zu fokussieren. Fleisch und Fisch werden komplett ausgeklammert. „Im Lehrplan ist der Umgang mit tierischen Produkten vorgesehen. Im Hochschober hingegen setzen wir konsequent auf vegane Küche – ganz ohne tierisches Eiweiß", verrät Human Ressources Leiterin des Hochschober Laura de Monte.
Für Hotelchefin Karin Leeb lag die Spezialisierung auf der Hand. „Seit 2013 kochen wir im Hochschober durchgängig auch für Veganerinnen und Vegetarierinnen. Auch unsere Lehrlinge sind von Beginn an Teil dieser Küchenlinie. Heute spüren wir, dass immer mehr junge Menschen bewusst auf pflanzliche Ernährung setzen, sei es aus gesundheitlichen oder ethischen Gründen. Für sie ist die vegetarisch-vegane Ausbildung viel attraktiver als die klassische Kochlehre, weil sie damit nicht nur einen Beruf, sondern auch einen Beitrag zu Tierwohl und Klimaschutz wählen."
Im Restaurant &flora im Wiener Change Maker Hotel Gilbert bringt Kulinarik-Mastermind Parvin Razavi seit Jahren Gemüse in all seiner Vielfalt auf die Teller und hat dazu auch gerade ein Kochbuch geschrieben. Auch das &flora gehört zu den wenigen Ausbildungsbetrieben in Österreich, die die neue Veggie-Lehre anbieten wollen, Interessenten gebe es auch schon. Dennoch sieht Parvin das Ganze bislang noch kritisch, wie sie in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Tian-Chef Paul Ivic betont. Viele Fragen seien ungeklärt – von der Anrechnung bestehender Lehrjahre bis hin zu den Qualifikationen der Berufsschulen.
Vor allem aber vermisst sie eine zeitgemäße Ausrichtung: Die neue Kochlehre dürfe kein bloßer Abklatsch der bisherigen Ausbildung sein, sondern sie soll den Reichtum von Gemüse, Fermentation, nachhaltiger Landwirtschaft und neuen Techniken ins Zentrum rücken. Von „veganisierten“ Klassikern und Ersatzprodukte hält sie nichts. „Eine vegetarische Rindsroulade ist kein Fortschritt, sondern ein Missverständnis.“
In der Zwischenzeit stehen in den meisten Restaurants noch immer „die üblichen Verdächtigen“ auf der vegetarischen Karte: Salate, Käsespätzle oder Pasta mit Tomatensauce. Für Veganer*innen wird die Auswahl oft noch kleiner. Gleichzeitig wächst die Nachfrage nach pflanzlicher Küche stetig – und zwar europaweit.
In Österreich leben laut aktuellen Studien zwischen 1,4 und 5 Prozent vegan, und rund 7 bis 8 Prozent vegetarisch. Insgesamt lebt damit knapp jede*r Zehnte ohne Fleisch. Noch deutlicher zeigt sich der Trend beim bewussten Reduzieren: Bis zu 40 Prozent der Bevölkerung essen flexitarisch, verzichten also immer öfter auf Fleisch. Besonders stark ist die Entwicklung bei der jungen Gen Z, wo bereits 7 Prozent rein pflanzlich leben. Damit lässt sich sagen: Österreich liegt im europäischen Schnitt. Es ist zwar noch keine „Veggie-Nation“, aber mit der neuen vegetarischen Lehre ist die Küche den anderen einen großen Schritt voraus.
In den Change Maker Hotels genießt du kreative pflanzliche Küche! Hier findest du eine große Auswahl an vegan-freundlichen Häusern.