Frau die an Kräutern riecht
c Pia Berchtold

Wie braue ich einen Zaubertrank, Elisabeth Graf-Breidenbrücker?

Blog • Interview

Heldin in Grün: Kräuterexpertin und Naturphilosophin Elisabeth Graf-Breidenbrücker über pflanzliche Superhelden, altes Wissen für eine nachhaltige Zukunft und die sprichwörtliche Essenz des Lebens.

Janina Lebiszczak

Naturkunde ist immer auch Menschenkunde. Vielleicht ist Elisabeth Graf-Breidenbrücker auch daher nichts Menschliches fremd. Inmitten der Bregenzerwälder Berge aufgewachsen, erlebte sie den natürlichen Jahreskreislauf seit jeher als sehr eindrücklich. Respekt vor dem Naturgeschehen und eine Faszination für das Wissen der Alten brachten sie schließlich zur traditionellen und ganzheitlichen Naturphilosophie. Von Wäldern und Wiesen umgeben, steigt ihre Ehrfurcht vor dem Vermögen der Natur Tag für Tag. Auch heute noch. Mit ihren „Helden in Grün“ möchte sie das wertvolle Wissen über pflanzliche Superhelden weitergeben und Funken zünden – lass ihn im Interview zu dir überspringen!

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c Pia Berchtold

Gab es bei dir einen „Change Moment“? Wann wusstest du, dass du etwas anders und damit einen Unterschied machen willst?

Es wäre schön, wenn ich jetzt von einem grandiosen Moment erzählen könnte, in dem mir plötzlich alles sonnenklar war. Aber es war nicht EIN Change Moment, es waren mehrere. Manchmal habe ich das Gefühl, dass vieles bloß ein Zufall war. Wenn ich dann aber zurück blicke, sehe ich einen Weg. Ich sehe Weggabelungen, Entscheidungen, die getroffen wurden, bestimmte Menschen, die zum richtigen Zeitpunkt meinen Weg kreuzten. Es gab also viele Schritte, die mich bis hierher gebracht haben – das fühlt sich richtig an. Genau so wächst man.

Welches dieser „Change Momente“ hatte am meisten Impact?

Da gehört sicher die Geburt meiner Kinder dazu. Mir war immer wichtig, dass sie die Natur, die uns nährt und in der wir leben dürfen, schätzen und respektieren, dass ihnen klar ist, welche Schätze sie für uns bereithält. Dann hat die Tatsache, dass ich plötzlich einen Garten besaß, meinen Weg beeinflusst. Aus irgendeinem inneren Antrieb legte ich sofort einen Kräutergarten an und war von Minute Eins davon beeindruckt, welche Superkräfte in jedem noch so kleinen Pflänzchen stecken. Mal abgesehen davon, dass einen das buchstäbliche Wühlen in der Erde uns der Natur im wahrsten Sinne des Wortes näherbringt. Und dann ist da noch das Meer an altem Wissen, in das ich seit Jahren meine Zehen dippe. Das muss in die Welt hinausgetragen werden. Das fühle ich bei allem, was ich tue. All die Dinge, die ich lernen durfte und immer noch lerne, haben ein Feuer in mir entfacht, das ich gerne weitergeben möchte.

Kräuterwissen – lag dir das immer im Blut? Wie kam es zur heutigen Berufung?

Als Kind hatte ich auf jeden Fall einen ausgeprägten Bezug zur Natur. Ich war sehr gerne im Wald, hatte eine Zeit lang einen umgestalteten „Arztkoffer“ mit in dem ich Naturobjekte, die ich gefunden hatte, aufbewahrte und von Zeit zu Zeit untersuchte. Mein Lieblingsspiel war „Ich, die Zaubertrank brauende Hexe“, meine Lieblingsbücher drehten sich um dasselbe Thema. Damals war mir noch nicht klar, dass der Begriff Hexe immer eine negative Konnotation hat. Damals hat das Spiel für mich Natur und Magie in Einklang gebracht. Von meiner späten Jugend an hatte ich immer das Gefühl, dass da etwas ist, dass ich auf der Suche bin. Als ich dann bei den alten Kundigen angekommen war, wusste ich: DAS ist es, jetzt habe ich es gefunden.

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Frau, die in Gläsern Kräuter zusammen mischt
c Pia Berchtold
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Tinkturen in kleinen schwarzen Glasfläschchen
c Pia Berchtold

Was treibt Dich an, motiviert dich?

Zum einen ist es einfach die Liebe zu den Pflanzen und zu einem traditionellen Naturverständnis, zum alten Wissen. Zum andern motiviert mich immer wieder der persönliche Kontakt zu den Menschen. Wenn ich höre, dass sie die Essenzen auch so gern mögen wie ich, oder wenn ich merke, dass ich bei meinem Gegenüber einen Funken zünden konnte, dann erfüllt mich das mit Freude.

Was bietet du genau an?

Vier verschiedene Essenzen, dieses Jahr wird noch eine fünfte dazu kommen. Die Essenzen bestehen aus unterschiedlichen Gewürzen und Kräutern, die anhand naturphilosophischer Prinzipien und mittels alter Handwerkskunst auf ihr Wesentlichstes – ihre Essenz –reduziert werden. So wandeln sie sich in ein eindrucksvolles, kulinarisches Erlebnis, abgestimmt auf Körper, Geist und Seele. Wie bei einem guten Wein ist es möglich, das Aroma der Essenz zuerst über den Kräuterduft wahrzunehmen, bevor man in die Tiefen der Geschmacksvielfalt eintaucht und die wohltuende Kraft der Pflanzen genießt.

Wie erlebe ich deine Essenzen?

Zum Beispiel im Urlaub. Die Essenzen sind bereits Teil einiger Hotels, denen Nachhaltigkeit und eine naturnahe Lebensweise am Herzen liegen. Dort werden sie im Rahmen von Treatments angeboten, in Retreats eingebaut, als Besonderheit in Cocktails an der Bar genossen oder sie glänzen im Hotel-Shop. Abgesehen davon biete ich immer wieder Seminare und Workshops an. Sehr freue ich mich auch auf das „The essence of your life“ Retreat im Biohotel Schwanen in Bizau, das ich im Juli anbiete. Ein feines Programm mit theoretischen Workshops zu naturphilosophischen Basics wie der Elementen-Lehre, mit Kräuterwanderungen, Waldbaden und einfach in der Natur sein. Zeit fürs Wesentliche eben.

Was sind deine Lieblingspflanzen?

Aus unseren Breitengraden? Mitunter die Schafgarbe. In traditionellen Systemen wird die Schafgarbe zur Unterstützung der Leber in ihrer Funktion verwendet. Die Leber ist an sehr vielen Vorgängen im Körper beteiligt, sie ist unser größtes Stoffwechselorgan, Teil von Verdauung und Entgiftung, hat mit unserem Blut zu tun, mit Sehnen und Bändern, unseren Augen etc. Auch die thermisch kühlende Eigenschaft der Schafgarbe macht sich die Volksheilkunde zu Nutze.

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Die zwei Supernasen aus der Saint Charles Apothecary

Und wie sieht es bei den Essenzen aus?

Ich nehme „Aqua Vivo“ überall hin mit. Es hat einen leicht süßlichen Geschmack mit einer Note von Melisse, Rosmarin, Pfeffer und Safran. Aqua Vivo aktiviert Lebendigkeit, Tatkraft und Aufmerksamkeit und ist ein idealer Start in den Tag oder in Momente, in denen uns ein bisschen die Löwenpower fehlt. Alle Essenzen werden tropfenweise in Wasser genossen, entfalten einen herrlichen Kräuterduft und ein sehr feines Aroma.

Was bedeutet Nachhaltigkeit für dich?

Manchmal find ich komisch über was da immer diskutiert wird. Im Grunde sollte es so sein, dass unser Respekt vor der Natur, in der wir leben dürfen, jegliche Diskussion erübrigt. Leider ist dem nicht so. Die Menschen haben vergessen, dass wir von ihr abhängig sind, und dass unser Verhalten ihr gegenüber Konsequenzen hat. Die Menschen haben vergessen, was eine natürliche Lebensweise bedeutet. Wir umgeben uns mit unnatürlichen Dingen, wir essen unnatürliche Dinge, wir verhalten uns oft unnatürlich. Nachhaltigkeit bedeutet für mich, dass jede/r von uns sich wieder der Natur annähert, die eigene Lebensweise und Handlungen dahin gehend reflektiert und in jedem Moment bereit ist etwas zu ändern. Ein bisschen möchte ich mit meiner Arbeit auch dazu beitragen, dass die Menschen ihr Band mit der Natur neu knüpfen, wieder bewusster werden und sich bei all dem Überfluss wieder aufs Wesentliche besinnen, eben auf die Essenz der Dinge. Apropos: Bei den Essenzen verwende ich natürlich biologische Zutaten, achte auf recyclebares Packaging, verwende Papier statt Plastik im Versand. Das kostet mehr in der Produktion, aber für was anderes könnte ich nicht stehen.

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