Im kleinsten Ort Deutschlands hat Marc Traubel vom Hubertus Mountain Refugio Großes vor. Seiner Bildungsaufgabe als Gastgeber nachgehen. Den Zimmern mit vifen Kniffen neues Leben einhauchen. Auch ein schlaues Energie-Monitoring-System soll sein Wellnesshotel bald überwachen. Und Anstoß zum Energiesparen geben.
Lech, Schwarzwald, Dubai – Marc Traubel ist in seinem Leben viel herumgekommen. Der Gastgeber sammelte schon ganz unterschiedliche berufliche Erfahrungen. Erfahrungen, die ihn prägen und hier, in Balderschwang, in der kleinsten Gemeinde Deutschlands, groß denken lassen. Das Hubertus Mountain Refugio führt der Allgäuer schon in dritter Generation. Seit zehn Jahren setzt er die Dinge im Hotel so um, wie sie ihm gefallen. Marc folgt keinen Spielregeln, er verliert sich nicht auf abgetretenen Trampelpfaden. „2023 haben wir fünf Musterzimmer umgebaut“, erzählt er. „Sie schauen jetzt aufgeräumter aus, schlanker, eleganter“. Es ist ein Projekt, bei dem er wieder beweist, dass es auch anders geht. Nämlich nachhaltiger.
Erhalten statt Ersetzen ist das Credo beim Umbau. Arbeiten mit dem, was da ist. „Wir wollten so wenig wie möglich wegschmeißen, kosteneffizient sanieren und wirklich nur das machen, was uns taugt“, sagt er. Warum einen Tisch entsorgen, der 20 Jahre alt ist und immer noch super aussieht? Der Tisch durfte also bleiben. Und so auch ganz viele andere Elemente in den Zimmern. Dafür leuchten jetzt mehr LED-Birnen in den Lampenschirmen, alte Glastrennwände wurden mit Folie frisch beklebt statt ausgetauscht. In den 25 Jahre alten Bädern glänzen neue, klitzekleine Fliesen. Und auch bei vermeintlichen Trivialitäten gingen die Traubels eigene Wege: „Die Stromkabel haben wir nicht wie üblich Unterputz verlegen lassen, sondern Aufputz. Das schaut richtig cool aus. Und spart zusätzlich eine Menge Ressourcen“, sagt Marc.
Unterstützung holten sich die Traubels von der Münchner Innenarchitektin Sarah Stapelfeldt. Ihre Diplomarbeit „Upcycling interior design without downsizing luxury“ beeindruckte ihn sehr. Gemeinsam holten sie auch Marcs Vater an Bord. Sarah guided die Traubels mit Blick auf Nachhaltigkeit und Auge fürs Formschöne durch den Prozess der Umgestaltung. „Wir lassen ihr in vielen Bereichen im Hotel freie Hand und vertrauen voll auf ihr Können“, sagt Marc. Auch in naher Zukunft wird sie im Hubertus Mountain Refugio ein und aus gehen. Schließlich sollen bald 40 weitere Zimmer ein Makeover erhalten.
Dass alle am Umbau beteiligten Handwerker aus dem Allgäu oder dem nahen Bregenzer Wald stammen, ist für Marc eine Selbstverständlichkeit. „Vieles machen wir selbst. Ansonsten arbeiten wir immer nur mit Leuten aus der Region. Mit Menschen, die wir schon ganz lange kennen“, sagt er. So, wie mit dem „Hausmaler“, den Marc so schätzt und der "in seiner gottbegnadeten Ruhe gerade die Wände der Zimmer lehmfarben streicht“.
Warum haben die Traubels die Zimmer nicht einfach so belassen, wie sie waren? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir vorerst noch ein paar Jahre zurück reisen, ins Jahr 2019, als die große Lawine Teile des Hotels unter ihren Schneemassen begrub. Vor allem den Spa hat es damals getroffen. Das Haus brach unter der irren Last zusammen wie ein fragiles Kartenhaus. Als Konsequenz blieb nur der rasche Wiederaufbau. Heute präsentiert sich dir der Spa als futuristischer Holzbau, der auf einem Betonsockel schwebt, zweigeschossig und so gebaut, dass es vor extremen klimatischen Bedingungen geschützt ist. „Die Krux dahinter: Wenn du etwas Neues baust, ist das Alte halt alt“, sagt Marc. Vor allem die Gäste würden dieses Ungleichgewicht spüren. Und so nahmen sie den neuen Wellnessbereich euphorisch an. Gleichzeitig flatterte aber auch kritisches Feedback ins Haus: Dass nun nicht mehr alles so harmonisch zusammenpassen würde; dass es schön wäre, wenn sich auch der Rest des Hotels an den neuen Look anpassen würde... Die Traubels reagierten. Und so führte eines zum anderen.
Gehen wir zurück zum Thema Nachhaltigkeit. Die kam schleichend ins Hubertus Mountain Refugio. Seit zwölf Jahren heizt im Haus zum Beispiel eine Pelletheizung, zehn Jahre davon im Gleichtakt mit einer Ölheizung, die die Traubels erst vor zwei Jahren aus dem Hotel verbannt haben. „Bis dahin war sie die Ausfallsicherung und wurde eben noch gebraucht“, sagt Marc. Grüne Schritte setzen die Traubels langsam, einen nach dem anderen. Marc bleibt dabei aber immer Realist: „Ein Haus in unserer Größe ist ein Luxusobjekt, ganz egal wie geheizt wird“, sagt er. 100 Prozent nachhaltig könnten so große Wellnesshotels, wie das Hubertus eines ist, nie sein. Da könne man kompensieren so viel man will. Was Marc aber tut, und das aus tiefster Überzeugung: Aufklären wo’s geht. „Gastgeber haben eine Bildungsaufgabe“, ist sich der Hubertus-Chef sicher. Nur im Aufzeigen könne man Menschen sensibilisieren und Themen wie Umweltschutz und Achtsamsein näherbringen. „Da geht’s ganz oft darum über Prozesse im Hotel aufzuklären und den Gästen im Gespräch zu zeigen, wie Dinge im Hotel zusammenhängen“, sagt er. „Wie der Käse entsteht, der auf dem Teller liegt. Dass sie die Schweine unten am Bach besuchen können und sehen, die haben ein schönes Leben.“
Um den Austausch zu fördern, führt Marc regelmäßig Umfragen durch und holt damit Anregungen und mögliche Änderungswünsche der Gäste ein. Das Feedback ist zum Teil beinhart. Das begrüßt er aber, „denn damit kann ich arbeiten“. Die größte Herausforderung sieht Marc darin gleichzeitig möglichst umweltschonend zu wirtschaften und auf die Bedürfnisse der Gäste einzugehen. Dazu ein aktuelles Beispiel: Bei einer Umfrage ließ er ein Stimmungsbild seiner Gäste zeichnen. Es ging um die Abdeckung des Außenpools. Was würden die Gäste davon halten, wenn die Plane bei klirrender Kälte für zwei, drei Stunden am Tag auf dem Wasser läge um das Auskühlen des Beckens zu verhindern und damit Energie zu sparen? Das Ergebnis war eindeutig: 40 Prozent würden den Move begrüßen. 40 Prozent gaben an, es würde von der Uhrzeit abhängen. 20 Prozent waren dagegen. „Diese 20 Prozent müssen wir genauso abholen wie die anderen. Denn wenn die nicht bei uns schwimmen, schwimmen sie eben woanders“, sagt Marc.
Die eisigen Tage sind mittlerweile gezählt. Die Plane blieb aufgerollt. Zumindest heuer entschieden sich die Traubels gegen die temporäre Abdeckung. Schritte in eine noch nachhaltigere Zukunft setzen Marc und Family aber auch unabhängig von den Gästen. „Vieles davon bekommen die nämlich gar nicht mit“, sagt er. In den letzten Monaten wurde so etwa die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach vergrößert und damit ihre Leistung von sieben Kilowatt-Peak auf 28 Kilowatt-Peak erhöht. Sobald die Förderung dafür durch ist, will Marc eine Energie-Monitoring-Software im Haus installieren. Sie soll alle großen elektrischen Verbraucher im Hotel erfassen und Anstoß zu energiesparenden Prozessen im Hotel geben. Zum Beispiel aufzeigen welche Pumpen effektiver geschaltet werden können, welche ausgetauscht gehören, etc. Auch ein weiteres Personalhaus ist in Planung. In Laufnähe, damit die Mitarbeiter*innen in Zukunft nicht mehr mit dem Auto oder Bus kommen müssen, sondern emissionsfrei zu Fuß in die Arbeit gehen. „Wirklich spruchreif ist das aber wohl erst in einer der nächsten News-Storys“, sagt Marc mit einem Schmunzeln. Gut so, wir bleiben dran.