
Sie sind Visionärinnen. Chefinnen im eigenen Hotel. Sie spühen vor Ideen, stupsen an, probieren aus und nehmen sich kein Blatt vor den Mund – vor allem, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Zum Weltfrauentag ein Best-of-Zitate aus den Interviews mit den Gastgeberinnen der Change Maker Hotels.
Gemeinsame Werte sind dir besonders wichtig. Welche sind das?
Ich möchte, dass alle im Team in wirklich jeder Hinsicht nachhaltig arbeiten. Das betrifft nicht nur die Umwelt, auch um wirtschaftliche Nachhaltigkeit muss man sich Gedanken machen. Und dann ist mir noch etwas wichtig, was sich jetzt vielleicht ein wenig altmodisch anhört: Fleiß und Loyalität. Das versuche ich auch selbst vorzuleben.

Ulrike Retter

Sonja Wimmer
Wer sind deine Vorbilder?
Meine Großmutter hat mich stets inspiriert. Eine lebenslustige, humorvolle Wirtin, tüchtig ohne Ende, mit viel Hausverstand. Und sie sagte mir täglich, wie wertvoll das Leben ist. Von meiner Mutter habe ich das ganzheitliche Bewusstsein, die lebte und liebte schon Vollwertküche und „Zero Waste“ bevor diese Bezeichnungen überhaupt existierten. Sie gab mir auch mit, auf hochwertige, natürliche Materialen zu setzen, wie Vollholz und echte Wolle. Diesen Weg haben wir im Haus kompromisslos umgesetzt. Mir war klar, dass ich alles, was nicht zu 100 % bio ist, nach und nach eliminieren werde.
Du warst Jahre lange Leistungssportlerin, hast beim Crosstriathlon sogar zwei Staatsmeisterschaftsplatzierungen erkämpft. Das klingt nach Ehrgeiz, Ausdauer und Zielorientierung. Wie wirkt sich das auf deinen Job als Führungskraft aus?
Sehr! Ich lernte den Wert von Feedback zu schätzen. Das biete ich auch Mitarbeiter*innen, die den Wunsch haben, sich zu entwickeln.

Warum brauchen wir Heldengeschichten, Luisa Neubauer?
Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer ist auf Mission. Mit ihrem neuen Buch "Was wäre, wenn wir mutig sind?" und dem "Klima-Atlas" will sie die Klima-Debatte wachrütteln – mit radikaler Zuversicht, neuen Heldengeschichten und einer guten Portion Humor. Wie sie Hoffnung zur Praxis macht und dabei ganze Konzertsäle füllt, liest du hier.


Wann hast du gemerkt, dass du es anders machen möchtest?
Ich wollte überhaupt nicht in die Hotellerie. Aber irgendwie hat es mich doch immer wieder nach Hause gezogen. Dann hat sich meine Mama zurückgezogen und ich habe immer mehr ihre Aufgaben übernommen. Irgendwann habe ich gesagt: Eigentlich ist das ja ganz nett. Allerdings konnte ich mit dem Thema Motorradpension nichts anfangen. Dann kam Corona. Auf einmal haben wir viel Zeit gehabt, mit der Familie wirklich intensiv zu brainstormen: Was ist unser Weg?
Wann hat der Change bei euch im Hotel begonnen? Gab es einen Moment, an dem ein Schalter umgelegt wurde und jemand gesagt hat: So, das machen wir ab jetzt anders?
Das waren wohl eher viele kleine Schalter. Wir sind mit Achtsamkeit groß geworden, lange bevor es zum Schlagwort wurde. Mein Vater war das älteste von sieben Kindern auf einem kleinen Bauernhof. Da kannst du es dir nicht leisten, Ressourcen zu verschwenden. Aus der Landwirtschaft kommend hat man einen anderen Bezug zur Natur, man denkt größer, vielleicht auch weiter voraus. Da lautet die zentrale Frage: Welchen Einfluss hat mein Handeln auf nachfolgende Generationen?

Desirée und Isabelle Reich

Christine Riedlsberger
Eure Gästeschar ist bunt, von der finnischen Großfamilie auf Urlaub bis zum Businesstraveller aus Asien ist alles dabei. Wie schaut das bei eurem Team aus?
Isabelle: Aktuell sind es glaube ich 16 verschiedene Nationalitäten, die hier arbeiten. Von China bis zur Elfenbeinküste.
Désirée: Wir haben einen sehr hohen Frauenanteil in Führungspositionen. Nur der Housekeepingmanager und der Leiter der Buchhaltung sind Männer. Obwohl gerade in diesen Bereichen normalerweise besonders viele Frauen arbeiten.
Du bist die „Kräuterhexe“ im Sonnberghof. Lässt du dir in den Kessel schauen?
Da gibt es bei mir kein Halten, wenn mich jemand fragt. Alles, was rund ums Haus bepflanzt ist, ist essbar. Ich nehme interessierte Gäste gerne mit zu Kräuterwanderungen, mache Führungen im Garten oder Workshops, bei denen wir Seife oder Salben machen. Wir haben im Hotel dafür eine eigene kleine „Hexenküche“ eingerichtet.

Eva-Maria Pürmayer

Sandra Fennel
Ihr wollt euren Gästen Reduktion und das "Sich-Zeit-nehmen" vermitteln.
Unsere Philosophie zielt darauf ab, dass Menschen sich füreinander Zeit nehmen. Dass sie sich unterhalten, gemeinsam erleben, gemeinsam genießen. Oder Zeit für sich selbst oder das Verbinden mit der Kraft der Natur. Einmal nicht konsumieren, sondern kommunizieren. Das Handy weglegen und einfach nur Mensch und im „Jetzt“ sein.
Ihr geht noch weiter als Nose-to-tail: Was genau ist das Arche-Prinzip, das ihr verfolgt?
Das Projekt "Arche des Geschmacks" arbeitet daran, alte Sorten, etwa besondere Kulturpflanzen aber auch Tierrassen und traditionelle Herstellungsverfahren vor dem Verschwinden zu bewahren.
Wie definiert ihr Nachhaltigkeit? Was bedeutet das Wort für euch im Petrus genau?
Daniela: Nachhaltigkeit heißt für uns Beständigkeit. Ein achtsamer Umgang mit unseren Mitmenschen, den Ressourcen und auch die Vermittlung dieser Werte an unsere Gäste. Wir sind als Kinder nachhaltig aufgewachsen. Das bedeutete etwa auch als Jüngste, die Kleider der größeren Schwestern aufzutragen und nicht gleich was Neues zu bekommen. Nachhaltigkeit ist bei uns im Petrus auch, den Dingen seine Zeit zu geben – und Wertschätzung. Die Natur schenkt uns so viel Gutes, das sie es verdient hat, verwendet zu werden.

Carmen Can

Nina Pichler
Gerade bei Neubauten schauen Umweltschützer*innen besonders genau hin. Auf welche Maßnahmen bist du stolz?
Zum Beispiel, dass wir durch eine ökologische Baubegleitung einen Teil der seltenen Pflanzen auf unserer Wiese erhalten haben. Wir haben die Samen der Kräuter und Gräser vom Gärtner aus Bezau rausnehmen und trocknen lassen. Der hat sie nach der Fertigstellung ausgesät. Nun wächst wieder genau die Art von Pflanzen, die immer da gewachsen ist.
Holzbach heißt euer moderner Zubau – heute eines der ersten Vollholzhotels mit der Thoma Mondholz100 Methode. Was genau ist das?
Wir wollten kein Zement, keinen Beton. Nur 100 Prozent heimisches Nadelholz aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Und das wird im Winter und zur richtigen Mondphase geschlägert und hat Zeit, langsam zu trocknen. Holz hat eine gesundheitsfördernde Wirkung, Luftqualität und Raumklima sind im Holz besser. Tief schlafen und entspannt aufwachen, das merkt man einfach!
Nennt man die bäuerliche Herkunft heute Nachhaltigkeit oder hat sich da noch etwas verändert?
Petra: Für uns ist bäuerliche Herkunft und Nachhaltigkeit tatsächlich dasselbe.
Maria: Wie die Großeltern damals im Alltag gehandelt haben, trifft Nachhaltigkeit auf den Punkt genau. Das geht heute auch. Aber irgendwo stößt man an Grenzen, wo es schwierig wird, bessere Lösungen zu finden – bei Plastikvermeidung, Papierverbrauch oder Müll. Wir stellen hohe Anforderungen an uns selber, wollen ständig einen Schritt weitergehen. Wir messen, wir tauschen uns bei Meetings aus und suchen neue Lösungen für Betrieb und auch für die Gesellschaft. Dazu gehören Fragen wie: Sollen wir Papier reduzieren, indem wir Speisekarten elektronisch anbieten? Wie konsumentenfreundlich ist das?

Eva Mahlknecht, Brigitte Zelger

Jasmin Eder
Was bedeutet Nachhaltigkeit für euch?
Eva: Achtsamkeit – ein achtsamer Umgang mit Allem – mit Menschen und Ressourcen.
Brigitte: Innovative, zukunftsfähige Unternehmensführung. Dass wir Menschen mit Themen, mit unserer Passion und Freude mitnehmen und inspirieren. Das ist für mich Nachhaltigkeit.
Glaubst du, dass Hotels zu einer besseren Zukunft beitragen können?
Definitiv. Gäste probieren ja im Urlaub gerne Dinge aus, für die ihnen zuhause entweder die Zeit oder die Möglichkeit fehlt. Deswegen bieten wir regelmäßig vegetarische Vorspeisen, die wir so kreativ umsetzen, dass die Gäste Lust haben, sie zu probieren. Es muss ja nicht immer Fleisch sein. Viele Gäste lassen das Auto den gesamten Urlaub stehen. Sie benützen, wenn überhaupt notwendig, die öffentlichen Verkehrsmittel oder gehen zu Fuß. Also warum auch nicht zu Hause ein bisserl mehr zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren?

Magdalena Kessler

Karin Leeb
Wo sehen Gäste heute den Change im Chesa Valisa?
Zum Beispiel an unserem „Grünen Tag“ in der Küche. Einmal in der Woche gibt es beim Abendessen weder Fisch noch Fleisch. Der Tag war zu Beginn auch unter uns sehr umstritten. Wir haben uns gefragt, ob es in Ordnung ist, die Gäste zu „zwingen“, vegetarisch zu essen.
Wie sorgt ihr für Mindfulness bei den Mitarbeiter*innen im Hochschober – einem Hotel in solch exponierter Lage?
Wir haben ein modernes Mitarbeiterhaus in Gehdistanz zum Hotel gebaut, betreiben eine Akademie mit Aus- und Weiterbildungsprogrammen, Persönlichkeitstraining, Teambildung, Kurse zur kreativen Freizeitgestaltung. Wir berücksichtigen individuelle Arbeitszeitwünsche, unser Gehaltsschema ist transparent und die Gleichstellung von Männern und Frauen selbstverständlich. Derzeit sind wir dabei, ein neues Arbeitszeitmodell zu implementieren, das noch mehr Freiraum bietet: eine optionale Vier-Tage-Woche, Teilzeit und Jahresarbeitszeit-Modell. Und auf expliziten Wunsch der Mitarbeiter*innen führen wir eine zweite Schließzeit im Herbst ein, für die Work-Life-Balance und zum Krafttanken für die herausfordernde Wintersaison.

Verena Pastuszyn

Gabriele Sonnleitner
Ihr seid ein Gemeinwohl-Hotel. Wie geht es auch mit der Gemeinwohl-Bilanz aus?
Wir wollten das Gute nähren. Es geht um ein gutes Leben für alle, die mit uns zu tun haben, um Menschenwürde, Transparenz und Mitentscheiden, Gerechtigkeit und natürlich ökologische Nachhaltigkeit. Zum Beispiel reinigen wir komplett chemiefrei. Wenn wir uns vorstellen, jedes Hotel in Wien würde das machen – was bedeutete das fürs Abwasser? Das wäre genial!
Wie integrierst du persönlich Nachhaltigkeit in dein Leben?
Erst vor kurzem habe ich einen Brief an meine Urenkelin in der Zukunft geschrieben, dass mir das alles zu langsam geht. Ich bin entsetzt wie träge wir sind. Wir könnten heute beginnen, z.B. alle einfach nur mehr 100 auf der Autobahn fahren. Ich ernähre mich vegetarisch und ich bin eine absolute Radfahrerin und genieße das. Ich erlebe so viel mehr dadurch, ich spüre, rieche und sehe viel mehr. Darin liegt wahrscheinlich der Schlüssel: Wir sehen die Vorteile zu wenig, die uns ein nachhaltiger Lebensstil bringen würde. So Vieles ist nicht Verzicht sondern ein Gewinn.

Manuela Pichler

Steffi Birk
Steckt ihr mit eurem Hotel im Wandel? Dann lasst uns bitt kurz am Change teilhaben!
Auf jeden Fall. So wie bisher kann es auf der Welt nicht weitergehen. Vieles muss neu gedacht werden. Darauf wollen wir auch im Stäfeli reagieren. Wir gehen ganz klar Richtung Nachhaltigkeit! Ich brenne für das Thema und es gibt so viele Alternativen zu klassischen Produkten. Es macht viel Spaß, sich Gedanken zu machen, zu tüfteln, zu suchen und Dinge auszuprobieren. Ich liebe es, gute und nachhaltige Lösungen zu finden!
Bestandsaufnahme in Sachen Nachhaltigkeit: Wo steht ihr heute?
Unser Nachhaltigkeitskonzept ist eine Wertehaltung. Gäste zu finden, die das wertschätzen, das ist das Ziel. Wir möchten Menschen da haben, die die Natur wertschätzen, das Essen, die Ruhe, den Respekt. Die – wie wir – den Blick auf die nächsten Generationen haben.

Marianne Daberer

Nadja Niederl
Bio oder regional?
Von Beginn an war Bio unser Qualitätsversprechen und das ist es auch geblieben. Es ist wie ein Grundrauschen, auf das man sich beim Daberer verlassen kann. Es fängt natürlich bei der Küche an. Wie immer, wenn man an Bio denkt. Wir beziehen Produkte in der bestmöglichen Qualität. Und wir glauben da einfach an Bio und daran, dass eine konsequente biologische Produktion nachhaltig zu positiven Veränderungen beiträgt.
Können Hotels Vorbild sein?
Ein bisschen schon. Wir lernen, dass Wissensvermittlung nicht nur über die Schule und das Elternhaus funktioniert. Und nie aufhört.

Martha Schultz

Tina Neudegger
Kann ein Hotel ein gutes Vorbild abgeben?
Ich sehe uns als Leitbetrieb. Unsere Aufgabe ist es, Türen und Tore für neue Wege aufzumachen. Meinen Hotelier-Kolleginnen und Kollegen zu zeigen: Schau, das geht. Ja, es ist mühsam, aber machbar. Ja, wir müssen uns mehr anstrengen. Das ist so. Das ist das Leiden der Pioniere.
Welchen Change spürst du?
Das Thema vegetarisch und vegan wird immer stärker. Daran merkt man auch, dass die Menschheit sich etwas überlegt.

Evelyn Ikrath

Nora Lipp
Was ist eure Vision, wie geht’s weiter?
Wir sind immer im Flow, immer dabei, alles zu hinterfragen. Ich glaube an Bewegung und Entwicklung, alles nur kein Stillstand. Und wir überlegen uns immer wieder neue, grüne Prozesse im Hotel. Bei uns gibt es keine Tischwäsche, wir reinigen mit lebenden Enzymen und haben eine Maschine die materialgerecht recycelt.
Was macht euer Haus so besonders?
Gäste spüren unsere langfristige Vision. Die Werte und Ziele, die uns von der schnelllebigen Hotellerie unterscheiden. Unsere Mission ist ein nachhaltiger, sozialer Tourismus im fairen und gemeinnützigen Gleichgewicht für alle Beteiligten und die Umwelt. Wir nennen diese Weite, die Exklusivität liebevollen Luxus.


Welchen Change merken die Gäste am stärksten?
Wir wollten gastronomisch zurück zu den Wurzeln und auch eine Schlafmöglichkeit anbieten, die nicht auf dem hochpreisigen Niveau, aber trotzdem etwas Besonderes ist. Die Idee vom Bett im Glashaus ist entstanden. Es duftet super. Es ist interessant für Menschen, die einen Bezug zur Natur haben. Wir hatten an Himmelbetten in den Pflanzen gedacht. Die Kabanen sind dann mit den Architekten entstanden.